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"Grüß Gott" eines Agnostikers

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Präsident Fischer trifft im Vatikan mit Papst Franziskus einen "wohlwollenden Gesprächspartner".


Rom. Papst Franziskus hat das vatikanische Gästehaus Santa Marta als seinen Wohnsitz gewählt, und man versteht jetzt auch warum. Als Bundespräsident Heinz Fischer am Donnerstag mit seiner Ehefrau Margit und einer Delegation zum Staatsbesuch in den Vatikan kommt, gibt das vatikanische Hofzeremoniell eine Kostprobe seiner Opulenz. Die Schweizer Garde mit ihren bunten Michelangelo-Uniformen hat sich im Damasus-Hof zum Ehrenspalier aufgestellt, der Präfekt des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, nimmt den Bundespräsidenten in Empfang.

Gemeinsam durchschreiten Fischer und Gänswein berühmte und mit Fresken ausgeschmückte Säle, darunter die Sala Clementina. Vor ihnen bewegen sich im würdigen Gleichschritt zwölf päpstliche, mit Orden und Frack herausgeputzte Ehrenmänner, sogenannte Gentiluomini. Jedes Mitglied der österreichischen Delegation, darunter Finanzminister Hans Jörg Schelling, bekommt ebenfalls einen päpstlichen Begleiter zur Seite gestellt. Das Protokoll sei lockerer geworden unter Franziskus, heißt es im Vatikan. Für Außenstehende wirkt es so überirdisch wie eh und je.

In der kleinen Sala del Tronetto, in der ein großer, unbenutzter Thron steht, begegnen sich Franziskus und der Bundespräsident erstmals. "Grüß Gott", sagt der Agnostiker Fischer. "Herzlich Willkommen", sagt der Papst auf Deutsch. Händeschütteln, Blitzlichtgewitter.

Dann kommt es zu einem kurzen Zwischenfall, weil sich beide den Vortritt in die päpstliche Privatbibliothek lassen wollen. Der Hausherr, der den Hof und sein Zeremoniell vor nicht allzu langer Zeit noch als "Lepra des Papsttums" bezeichnete, setzt sich durch. Fischer und Franziskus sind hier in diesem goldenen Käfig namens Apostolischer Palast irgendwie beide nicht zuhause. Das ist keine schlechte Voraussetzung für ein offenes Gespräch. "Vom ersten Augenblick war da keine Mauer oder Distanz, sondern ein guter, interessanter, wohlwollender und vorbereiteter Gesprächspartner", urteilt der Bundespräsident später über die gut 30-minütige Unterhaltung mit Franziskus.

Fischer, der bereits 2006 bei Benedikt XVI. zu Besuch war, lädt auch Franziskus nach Österreich ein. Dieser nimmt gerne an. Denkbar ist ein Besuch wegen des engen Programms des Papstes allerdings wohl erst ab 2016. Franziskus berichtet, schon einmal in den 1980er Jahren in Wien gewesen zu sein, aber nur für einen Tag. "Viel, viel Arbeit", sagt der Papst wieder auf Deutsch über seinen Alltag, als er im Anschluss an das von einem Monsignore übersetzte Gespräch auch die Delegation begrüßt.

"Der Papst weiß über Österreich Bescheid"

Der Bundespräsident berichtet hinterher, Franziskus habe sich "sehr zufrieden" über den Verlauf der viel beachteten Bischofssynode gezeigt, in der konservative und weniger konservative Bischöfe über den Kurs der katholischen Kirche stritten. Fischer sagt, er habe Franziskus auch auf die Neubesetzung des Graz-Seckauer Bischofssitzes angesprochen und später auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin darum gebeten, die Sache oben auf die Tagesordnung zu setzen. Beide hätten gewusst, um was es geht, berichtet Fischer. "Der Papst weiß über Österreich Bescheid."

Das Gespräch der beiden Staatsoberhäupter kreist um verschiedene Themen. Die Diskussion über das umstrittene König-Abdullah-Center für interreligiösen Dialog in Wien ist ebenso ein Aspekt wie die Krise in der Ukraine. Doch der Bundespräsident stellt später fest: "Ich konnte von seinen Augen ablesen: Wenn es um soziale Themen oder Flüchtlinge ging, hat ihn das besonders beschäftigt." Der Gastgeber und Besucher sprechen deshalb intensiv über die Flüchtlingsthematik. Es geht um das Engagement Österreichs, um Asylquoten und europaweite Vereinbarungen.

Die versilberten Telefone in der päpstlichen Bibliothek, die mit päpstlichen Wappen versehenen Lichtschalter fallen am Ende kaum noch auf. Drei Gummibäume stehen etwas verwaist im Raum, auch so etwas gibt es im Vatikan. Dann begrüßt Franziskus auch die Presse. Sein Handschlag ist eher sanft, am linken Handgelenk trägt er eine Uhr mit schwarzem Plastikarmband. Unter der weißen Soutane ragen die berühmten schwarzen Orthopädie-Schuhe heraus. Der Papst wirkt jetzt wie der freundliche Priester von nebenan. Ob er den Lesern dieser Zeitung eine Nachricht übermitteln wolle? "Große, große Hoffnung", dies solle man ausrichten. Dann setzt Franziskus ein Lächeln auf und hebt die Hand zum Gruß.