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Der Saubermann

Von Eva Konzett

Politik

Mit Klaus Johannis fordert ein deutschstämmiger Rumäne Premier Victor Ponta | bei der Präsidentenwahl heraus. Johannis präsentiert sich als Gegenentwurf zur korrupten Elite.


Bukarest/Wien. (n-ost) Eine gründliche Neugestaltung des Landes, das ist die Botschaft von Klaus Johannis für Rumänien. Der Bürgermeister von Hermannstadt (rumänisch Sibiu) und Vorsitzende der liberalen Partei PNL (Nationale Liberale Partei) fordert in der Stichwahl der rumänischen Präsidentschaftswahlen am Sonntag den sozialdemokratischen Premier Victor Ponta heraus.

Zum ersten Mal in der Geschichte Rumäniens hat damit ein Angehöriger einer Minderheit Chancen auf das höchste Amt im Staat. Johannis hat den Wählern "gutes Handwerk" in der Regierungsarbeit und eine Stärkung des Rechtsstaats versprochen. Er präsentiert sich als Saubermann, als Gegentyp zu in Korruptionsskandalen verstrickten Spitzenpolitikern: Auf den Wahlplakaten steckt Johannis in einem strahlend weißen Businesshemd, die Kurzhaarfrisur ist akkurat, der Blick ernst. Dies und ein wirtschaftsliberales Programm haben ihm in der ersten Wahlrunde viele Stimmen eingebracht. Die Landkreise Siebenbürgens und des Banats, also jener Teil Rumäniens, der bis 1918 zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte, haben fast geschlossen für den 55-Jährigen gestimmt. Landesweit lag Ponta aber zehn Prozentpunkte vor Johannis.

In Siebenbürgen steht auch das Aushängeschild von Johannis: Das Städtchen Hermannstadt, das der ehemalige Physiklehrer seit 14 Jahren als Bürgermeister regiert, gilt als eine der am besten geführten Städte in Rumänien und hat Siebenbürgen wieder in die Prospekte der westeuropäischen Reiseanbieter gebracht. Hermannstadt zeugt bis heute von der fast untergegangenen Kultur der Siebenbürger Sachsen, der ältesten Gruppe der deutschen Minderheit in Rumänien.

Bei den Auslandsrumänen hätte Johannis, der sich "einen Rumänen aus Überzeugung" nennt, möglicherweise noch mehr Stimmen auf sich vereinen können, wären nicht tausende Menschen an der Wahl gehindert worden. In Rumänien gibt es keine Briefwahl, und die Botschaften und Konsulate im Ausland waren mit der Organisation überfordert. Wahlwillige konnten ihre Stimme nicht abgeben. Offiziell gab es zu wenige Wahlkabinen und Wahldokumente. Inoffiziell dürfte mitgespielt haben, dass die rumänische Diaspora traditionell nicht für die Sozialdemokraten votiert.

Johannis selbst könnte ein Gutachten der rumänischen Integritätsbehörde ANI schaden. Sie ist beauftragt, Vermögensverhältnisse, Interessenverbindungen und die Kompatibilität von politischen Ämtern zu überprüfen. ANI warf Johannis 2013 vor, dass seine Vorstandstätigkeiten in den staatlichen Hermannstädter Wasser- und Kanalisationgesellschaften mit seinem Bürgermeisteramt nicht verträglich gewesen sein sollen. Ein Bezirksgericht sprach Johannis von dem Vorwurf frei. ANI hat jedoch Einspruch gegen das Urteil eingelegt.

Attacken wegen Abstammung

Im Wahlkampf haben die Sozialdemokraten Johannis’ deutsche Abstammung zu Attacken auf ihn genutzt: Klaus Johannis sei, anders als die meisten Rumänen, nicht orthodox, lautete ein weiterer Vorwurf. Sogar seine Kinderlosigkeit wurde thematisiert.

In der rumänischen Politik konnte sich Johannis trotz dieser Anfeindungen einen Namen machen. Noch im Frühjahr hatte die PNL, in der er zu dieser Zeit seit einem Jahr Mitglied war, ihn als Vizepremier und Innenminister ins Spiel gebracht. Über dieser Frage zerbrach das regierende Bündnis zwischen der PNL und den Sozialdemokraten unter der Führung von Premier Victor Ponta. Die Liberalen wechselten in die Opposition, Ponta regiert seither mit der Unterstützung der Ungarnpartei. Eines von vielen Beispielen, wie schnell die rumänische Politik frühere Sympathien vergisst.

2009, kurz vor den letzten Präsidentschaftswahlen, hatten die damals oppositionellen Sozialdemokraten versucht, Johannis als unabhängigen Regierungschef zu installieren. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Mircea Geoana versuchte damals, mit der Personalie Johannis die Wähler zu mobilisieren. Den Wahlkampf leitete kein Unbekannter - es war Klaus Johannis’ derzeitiger Konkurrent, der amtierende Ministerpräsident Victor Ponta.