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Kein Pass für Gotteskrieger

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Außenminister Kurz für Aberkennung von Reisedokumenten für militante Islamisten.


Brüssel. Mit ihren braun-grün gescheckten Uniformen und den geschulterten Gewehren stellen sie ein willkommenes Bildmotiv dar. Gleich mehrere Fernsehkameras sind auf die zwei belgischen Soldaten gerichtet, die vor dem Ratsgebäude im Brüsseler EU-Viertel patrouillieren. Drinnen sind die Außenminister der Union zusammengekommen, um nicht zuletzt über Maßnahmen zur Terrorbekämpfung zu beraten. Und draußen sind diese seit dem Wochenende verstärkt.

Nach breit angelegten Razzien gegen mutmaßliche Islamisten und der Aufdeckung von Plänen zu Anschlägen auf Polizisten in der Vorwoche hat die belgische Regierung strengere Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. Dazu gehört der Einsatz von bis zu 300 Soldaten in großen Städten. Bereits jetzt bewacht das Militär als gefährdet eingestufte Orte wie das Jüdische Museum, wo im Vorjahr ein Attentäter vier Menschen ermordet hat.

Ebenso sollen etwa die Möglichkeiten zum Entzug von Reisedokumenten ausgeweitet werden. Das war auch ein Thema beim Treffen der EU-Außenminister. Der österreichische Ressortleiter Sebastian Kurz plädierte dabei für mehr Koordination in Europa. "Wir sollten bei der Pass-Aberkennung geschlossen vorgehen", erklärte er.

In Deutschland beispielsweise ermöglicht ein Gesetzesbeschluss es mittlerweile, dass gewaltbereiten Islamisten Dokumente wie Pass und Personalausweis entzogen werden. Damit soll die Ausreise von Kämpfern nach Syrien und in den Irak verhindert werden. Auch in Österreich kann laut Kurz Unterstützern der Terrormiliz Islamischer Staat etwa der Pass abgenommen werden. Aus Sicht des Ministers nämlich "darf es nicht sein, dass europäische Bürger im Irak oder Syrien morden".

Schwieriger - schon aus völkerrechtlichen Gründen - sei da die Aberkennung der Staatsbürgerschaft, die ebenfalls zur Debatte steht. In Österreich sei dies nur möglich, wenn sich jemand einer fremden Armee anschließt. Doch die Kämpfer für den Islamischen Staat bilden keine regulären Streitkräfte. Nur Doppelstaatsbürger, die in den Dschihad ziehen, können den österreichischen Pass verlieren.

Zwist um Datenaustausch erneut entflammt

Im Vorgehen gegen den Terror sei jedoch ein Bündel an Maßnahmen nötig, betonte Kurz. Das reiche von der Außen- und Sicherheitspolitik bis hin zur Prävention. Allerdings war das Treffen der Außenminister eher einer "Bestandsaufnahme" gewidmet, wie es der deutsche Ressortchef Frank-Walter Steinmeier formulierte. Denn etliche der möglichen Mittel zur Terrorismus-Bekämpfung fallen eher in den Zuständigkeitsbereich der Innen- und Justizminister.

In deren Kreis ist schon kurz nach dem Attentat auf die Pariser Redaktion der Zeitschrift "Charlie Hebdo" die Diskussion um strengere Überwachung in der EU neu entbrannt. So drängen nun einige Staaten auf schärfere Grenzkontrollen oder Regeln zum Austausch von Informationen über Fluggäste. Ein Abkommen über die Weitergabe von Passagierdaten hat die EU zwar mit den USA, doch in der Union selbst gilt solch ein Vertrag nicht. Dieser ist nämlich bis jetzt am Widerstand von Teilen des EU-Parlaments gescheitert. Vor allem die Sozialdemokraten und Grünen äußerten Befürchtungen, dass die geplanten Regelungen den Datenschutz und die Grundfreiheiten von EU-Bürgern gefährden könnten.

Schwierig gestaltet sich ebenfalls die Zusammenarbeit der jeweiligen nationalen Behörden. Potenzial für mehr Kooperation orten Experten vor allem bei den europäischen Geheimdiensten. Diese aber geben ihre Informationen nur ungern weiter. Auch die Staaten selbst verlassen sich oft lieber auf Angaben der eigenen Behörden.

Über all die Maßnahmen könnten die Innenminister bei einem Treffen Ende des Monats beraten. Bei der Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs der EU Mitte Februar steht das Thema ebenfalls auf der Agenda. Die Außenminister betonten in der Zwischenzeit, dass dabei der Dialog mit der muslimischen Welt nicht außer Acht zu lassen sei. Der dänische Minister, Martin Lidegaard, etwa wies darauf hin, dass die EU nicht nur die Ausbildung von Polizeikräften in arabischen Staaten unterstützen, sondern auch für mehr Bildung und soziale Stabilität dort sorgen könnte. Der Generalsekretär der Arabischen Union, Nabil al-Arabi, nahm an dem Treffen in Brüssel ebenfalls teil.

Die Zusammenarbeit "mit den Partnern in der Region" rückte auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in den Fokus. Die verstärkte Kooperation im Anti-Terror-Bereich sei wesentlich. Doch handle es sich nicht nur um eine Angelegenheit zwischen Europa und arabischen Staaten etwa. Es betreffe alle Muslime in der Welt. Daher plädierte Mogherini für eine umfassende Allianz: Respekt sei dabei zwar wichtig, jedoch müsse dem Terrorismus entschieden entgegengetreten werden.

Belgische Behörden setzen Suche nach Extremisten fort

Die belgischen Behörden setzten unterdessen die Suche nach den Drahtziehern der vereitelten Terrorattentate fort. Bei dem Polizeieinsatz in der Vorwoche wurden im Osten des Landes zwei gesuchte Extremisten getötet. Gegen fünf von fünfzehn festgenommenen Personen wurden danach Ermittlungen eingeleitet. Verhaftungen gab es nicht nur in Belgien, sondern auch in Frankreich. Eine Festnahme am Wochenende in Athen wurde ebenfalls damit in Zusammenhang gebracht: Der Verdächtige könnte Verbindungen zur mutmaßlichen Islamistenzelle in Belgien haben. Seine Auslieferung aus Griechenland wurde bereits beantragt.

Der mutmaßliche Anführer der Gruppe jedoch war am Montag noch nicht gefasst. "Aber es wird gegen ihn ermittelt, und ich nehme an, dass er gefunden wird", sagte der belgische Justizminister Koen Geens dem Sender VRT. In Brüssel wurden am Sonntag weitere Häuser durchsucht.