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Die Neofaschisten sind wieder da

Von WZ-Korrespondentin Anke Stefan

Politik

Die Goldene Morgenröte wird zur drittstärksten Kraft im griechischen Parlament.


Athen. Die einen jubeln über den "historischen Sieg der Linken". Die anderen fürchten, mit einer Syriza-Regierung könnte Griechenland und verbunden damit auch die übrige Eurozone erneut in "gefährliche Abenteuer" gestürzt werden. Fast schon unbemerkt feierte unterdessen eine Partei am anderen Ende des politischen Spektrums ihre Etablierung als drittsträrkste Kraft im Land. Der neofaschistischen Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) ist erneut der Einzug ins griechische Parlament gelungen - wenn auch um 38.000 Stimmen, einen Sitz und wenige Zehntelprozentpunkte geschwächt.

Mehr als 388.000 Wähler haben damit für eine Partei gestimmt, die die Abschaffung jeglicher demokratischer Gepflogenheiten und die Verfolgung aller Andersdenkenden und anders Aussehenden nicht nur im Programm hat, sondern seit mehr als 20 Jahren in brutalen Angriffen auch praktisch umsetzt.

Ein Vertreter der Neofaschisten ohrfeigte vor laufender Kamera eine politische Gegnerin, ein Abgeordneter wiederum leugnete den Holocaust. Eine Serie an Gewalttaten gegen dunkelhäutige Einwanderer, die der Organisation zugeschrieben wurde, riss nicht ab. Schließlich, nach der Ermordung des linken Musikers Pavlos Fyssas im Jahr 2013, wurde die Justiz aktiv.

Führung in Haft

Seit fast 18 Monaten sitzt nunmehr die Führung der Goldenen Morgenröte - inklusive den im letzten Parlament vertretenen Abgeordneten - in Haft. Die Anklage: Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung. Neofaschisten-Chef Nikos Michaloliakos und seinen engsten Vertrauten sollen direkt an Bluttaten beteiligt gewesen sein.

Mit einem Beginn des Prozesses wird in diesem Winter gerechnet. Ohne eine rechtskräftige Verurteilung aber gab es keine juristische Handhabe, die neofaschistische Partei an der Teilnahme bei den Wahlen vom Sonntag zu hindern - die meisten der inhaftierten Abgeordneten wurden erneut ins Parlament gewählt.

Dabei war in den vergangenen Monaten eine Flut von Beweisen für die Verstrickung der nun Wiedergewählten in die mörderischen Taten der Goldenen Morgendämmerung bekannt und von allen Medien verbreitet worden. Wer den Neofaschisten am Sonntag seine Stimme gegeben hat, muss um die Natur dieser Partei gewusst haben. Die Anhänger der Goldenen Morgenröte sind zwar von den Straßen Athens weitgehend verschwunden, Essensverteilung und andere Sozialaktionen "nur für Griechen" gibt es fast nicht mehr, seit der Staat den Geldhahn zugedreht hat. Doch im Verborgenen dürfte es den Neofaschisten gelungen sein, sich bei manch einem Griechen als Märtyrer darzustellen. Es handle sich um ein "Komplott" der politischen Eliten. Man wolle nun vor Gericht gewinnen, da man die Goldene Morgenröte "keinesfalls politisch besiegen" könne, verkündete der inhaftierte Parteisprecher Ilias Kasidiaris. Der Wahlerfolg werde die "Pforten des Gefängnisses öffnen", sagte der EU-Abgeordnete Giorgos Epitideios.

Nun wollen die Rechtsextremen ihren Kampf gegen Ausländer fortsetzen und so das "Überleben der Nation" gewährleisten, wie Epitideios bereits ankündigte. Bereits vor den Wahlen hatte er vor Anhängern erklärt, dass die letzte Regierung auf dem "Müllhaufen der Geschichte" landen werde. Die Menge begrüßte seine Worte mit dem Ruf "Hoch die Nation, hoch der Führer".