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Der späte Präsident

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Die Attentate haben François Hollande gestärkt, auch wenn es seinem Land wirtschaftlich weiterhin schlecht geht.


Paris. François Hollande war schon vor den islamistischen Terror-Attentaten in Paris vor einem Monat Präsident. Er amtiert seit 2012. Doch in den Augen vieler Franzosen füllt er erst seitdem diese Rolle komplett aus. Weil er sich während des Ausnahmezustandes als schnell und doch besonnen reagierender Krisenmanager erwiesen hat, zollen ihm selbst hartnäckige Gegner Respekt. Seine Beliebtheitswerte sind deutlich gestiegen, liegen aber freilich immer noch auf bescheidenem Niveau. Doch in der Krise hat sich Hollande, wie es französische Medien formulieren, "präsidentialisiert".

Und so wagte am Donnerstag bei der zweistündigen Pressekonferenz, die er halbjährlich hält, keiner, unangenehme Fragen zu stellen. Hollandes Schwerpunkt lag auf der Einheit der Nation gegenüber der Bedrohung durch Terroristen, die "unser Heiligstes attackiert haben: die Meinungsfreiheit, die Republik": "Die Extremisten wollten sie spalten, doch sie stand zusammen." Er appellierte, diesen "Geist des 7. Jänner", dem Tag des Anschlages auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo", zu bewahren - wohl wissend, wie fraglich das Zusammengehörigkeitsgefühl ist.

Bessere Lehrerausbildung und mehr Sozialwohnungen

Denn die wirtschaftliche Lage des Landes hat sich nicht gebessert: Die Arbeitslosigkeit bleibt bedrohlich hoch, ebenso wie der Schuldenberg, den erst wieder die Brüsseler EU-Kommission scharf rügte. So versicherte der Staatschef, trotz der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen das Budget für das Militär nicht zu erhöhen, wenn auch die Personalkürzungen gebremst werden. Zwar wiederholte er sein Versprechen von Reformen gegen die Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit und die Forderung nach mehr Sozialdialog. Ansonsten legte Hollande aber erstmals den Fokus nicht auf ökonomische, sondern auf gesellschaftspolitische Ankündigungen wie die bessere Ausbildung der Lehrer, einen neuen Freiwilligendienst für junge Leute sowie die Förderung von Sozialwohnungen, um der "Konzentration von Armut in bestimmten Gebieten" zu begegnen.

Zur Wahl von Alexis Tsipras zum griechischen Premierminister erklärte er, er respektiere das Votum der Griechen, und ein einseitiger Sparkurs sei keine Lösung. Zugleich bestehe er auf der Einhaltung der europäischen Regeln. "Frankreichs Rolle ist es, zu einer Einigung beizutragen." Er habe Tsipras nach der Wahl genauso wie zuvor dessen Vorgänger Antonis Samaras nach Paris eingeladen. "Aber ich habe ihm gesagt, es ist auch gut, die deutsche Kanzlerin zu sehen."

Frankreich, so betonte Hollande einmal mehr, sei eine große Nation, die ihrer Verantwortung auch in internationalen Konflikten wie in Mali und in Syrien gerecht werde. Aber: "Frankreich kann nicht die einzige Macht sein, die handelt", er appelliere auch an die internationale Gemeinschaft und Großmächte wie die USA und Russland, um den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.

Selbstbewusst präsentierte sich dieser Präsident - derselbe wie vor den Attentaten. Und doch ein gestärkter und ernsterer, ein François Hollande, wie ihn die Franzosen neu entdecken und schätzen. Zumindest vorerst.