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Kurz bei seinem Sitznachbarn

Von WZ-Korrespondent Frank Stier

Politik
Kurz (l.) und Mitov bei der Unterzeichnung des Abkommens.
© Stier

Österreichs Außenminister unterzeichnet in Sofia Kulturabkommen mit Bulgarien.


Sofia. Es war ein Gipfeltreffen der außenpolitischen Frischlinge, als die beiden jüngsten Außenminister der Europäischen Union Sebastian Kurz und sein bulgarischer Amtskollege Daniel Mitov im Sala Bulgaria des Außenministeriums in Sofia ein neues "Abkommen zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur, Bildung, Wissenschaft und Jugend" unterzeichneten. Es tritt an die Stelle seines 1974 abgeschlossenen Vorgängerabkommens und soll eine "zeitgemäße Basis" für die kulturelle Zusammenarbeit beider Länder sein, so der 28-jährige Kurz. Der 37-jährige Mitov, seit Anfang November 2014 im Amt, nannte die Tatsache, dass die beiden Minister bei Sitzungen in Brüssel stets nebeneinander säßen eine gute Voraussetzung für eine künftig engere bilaterale Kooperation.

In den vergangenen Wochen hatten sich die Außenminister Großbritanniens und der USA in Sofia die Klinke in die Hand gegeben und auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg besuchte die bulgarische Hauptstadt. Dies weckte in der bulgarischen Öffentlichkeit Spekulationen, der Westen könne versuchen, das traditionell russlandfreundliche Bulgarien in die Vorbereitung einer kriegerischen Auseinandersetzung um die Ukraine einzubeziehen. Die geplante Einrichtung eines Nato-Kommandozentrums in Sofia und die beabsichtige Stationierung von Kriegsgerät auf bulgarischem Territorium wurden als Hinweise darauf gewertet. Vor diesem Hintergrund war klar, dass die Lage in der Ukraine auch Gegenstand der Unterredung zwischen den Außenministern Kurz und Mitov sein würde, beide äußerten sich dazu aber nur vage, begrüßten die in Minsk ausgehandelte Waffenruhe und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, diese möge eingehalten werden.

Acht Jahre lag der letzte Besuch eines österreichischen Außenministers in Bulgarien zurück. Sebastian Kurz kam nun in das Land, das gerade die ersten 100 Tage der zweiten Amtszeit von Ministerpräsident Boiko Borissov hinter sich hat. An innenpolitischen Skandalen hat es in diesem Zeitraum nicht gemangelt. Seit gut einer Woche erhitzt eine große und im Ganzen noch sehr undurchsichtige Abhöraffäre die Gemüter.

Trotzdem erlebt Bulgarien dieser Tage eine Phase politischer Stabilität, wie es sie in den vergangenen zwei Jahren nicht gehabt hat. "Vor meiner Abreise habe ich mit Vertretern der österreichischen Wirtschaft gesprochen. Sie beurteilen die von der neuen Regierung begonnenen Reformen positiv", sagte Sebastian Kurz. Österreich sei der zweitgrößte Auslandsinvestor des Landes, rund vierhundert österreichische Unternehmen in Bulgarien aktiv, führte der Minister aus. "Damit aber unsere Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen und weitere österreichische Firmen nach Bulgarien kommen können, ist die Umsetzung von Reformen im bulgarischen Rechtssystem erforderlich", sprach er die von Auslandsinvestoren bemängelte fehlende Rechtssicherheit in Bulgarien an.

Sein Land erwarte von Österreich Unterstützung für den Beitritt zum Schengener Raum, auch hätten beide Länder gemeinsame Interessen beim Aufbau einer Energie-Union in der EU, erklärte Daniel Mitov und berichtete von übereinstimmenden Positionen zu den Entwicklungen auf dem West-Balkan. "Wir bereiten einen bilateralen Dialog für die in diesem Jahr bevorstehende Konferenz in Wien mit allen West-Balkanländern vor. Wir wollen sie fördern und ermutigen auf ihrem Weg der Reformen, der ihnen die Realisierung ihrer europäischen Perspektive ermöglicht", sagte Mitov.