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Spendable Hedgefonds

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Finanzindustrie füllt die Wahlkampfkassen der Konservativen - und erhält hohe Steuererleichterungen.


London. Hartnäckig haftet den britischen Konservativen der Ruf an, die Partei der Reichen - und für die Reichen - zu sein. Davon ist, wie immer neue Umfragen zeigen, mehr als die Hälfte aller Briten überzeugt. Selbst unter den Wählern David Camerons gibt es viele, die diese Ansicht teilen. Ist der Ruf verdient?

Zweifellos war Camerons "Kabinett der Millionäre" von Anfang an gerade Britanniens Superreichen gewogen. Tory-Schatzkanzler George Osborne suchte Spitzensteuersätze abzubauen, Großkapital ins Land zu locken und für die Hochfinanz goldgesäumte Teppiche auszurollen. Im Haushalt von 2013 bescherte er in London operierenden Hedge Funds Steuererleichterungen im Wert von 145 Millionen Pfund (199 Millionen Euro).

Das große Geld hat sich dankbar gezeigt für diese Sympathien. Seit Cameron 2010 Premier wurde, sind seiner Partei, wie die Tory-freundliche "Sunday Times" meldet, 28 Millionen Pfund (38,5 Millionen Euro) aus den Konten der Reichen und Superreichen an Spenden zugeflossen. Mittlerweile entrichtet willig jeder zweite Hedge-Fund-Eigner in London seinen Obulus an Cameron.

Labour hat nur Gewerkschaften

Und die Summen werden immer größer. Allein der Hedge Fund RK Capital Management, der Freigebigste von allen, hat den Tories 6,5 Millionen Pfund überwiesen. Das ist natürlich hilfreich beim Aufbau eines Wahlkampffonds für die Unterhauswahlen am 7. Mai. Denn auf der Insel erhalten politische Parteien für Wahlkampfzwecke vom Staat im Wesentlichen nur "administrative Kosten" ersetzt. Den Löwenanteil ihrer Auslagen müssen die Parteien auf andere Weise, über Beiträge und Spenden, decken. Und da zeigt sich ein deutlicher Unterschied.

Die Labour Party, die Oppositionspartei unter Ed Miliband, erhält nur sporadisch Unterstützung von Großunternehmen oder von Geldinstituten. Sie stützt sich in der Hauptsache immer noch auf viele kleine Einzelspenden - vor allem aber auf die ihr verbundenen Gewerkschaften, wie schon in den alten Zeiten.

Dagegen halten moderne Firmen mit Namen und Kürzeln, die der britischen Öffentlichkeit weithin unbekannt sind, Camerons Partei am Laufen. CQS, Isam, Brevan Howard, Caxton Associates, Lansdowne Partners oder Winton Capital sind einige der schwerreichen Funds, die auf ihre Weise für die Konservativen stimmen.

Gleichzeitig ist ein Drittel aller Unterhaus-Kandidaten und -Kandidatinnen der Tories in den wahlentscheidenden Kreisen der Finanzindustrie im Lande "persönlich eng verbunden". Diese Kandidaten kommen in der Regel direkt aus dem Finanzbereich. Für beide Seiten sind sie ideale Kontaktpersonen.

Politisches Sprungbrett HSBC

So viel Nähe kann natürlich auch peinliche Folgen haben. Die jüngste HSBC-Affäre etwa warf die Frage auf, warum ausgerechnet Ex-HSBC-Boss Stephen Green durch Cameron zum Handels-Staatssekretär ernannt wurde - zu einem Zeitpunkt, zu dem beide schon von den Genfer HSBC-Praktiken gewusst haben sollen.

Auch andere wichtige HSBC-Leute sind auf hohen Staatsposten gelandet. Bei Labour ist inzwischen von einer "Drehtür zwischen David Camerons Regierung und HSBC" die Rede. Mehrere der wichtigsten individuellen Parteispender der Tories haben sich zudem als ehemalige oder noch fungierende HSBC-Direktoren entpuppt. HSBC-Vizepräsident Sir Simon Robertson hat den Konservativen seit 2006 mehr als 700.000 Pfund zukommen lassen.

Lord Fink wiederum, Boss des Hedge Funds Isam, des drittgrößten Tory-Gönners, suchte nicht nur mithilfe Schweizer HSBC-Konten nach eigenem Bekunden "Steuern zu vermeiden". Er ist auch Ex-Schatzmeister der Konservativen. Für Labour-Chef Miliband ein weiterer Beweis, "dass die Tories unter Cameron zum politischen Arm der Hedge-Fund-Industrie geworden sind".

Sehr zu bekümmern scheinen Tory-Parteigänger solche Enthüllungen aber nicht. An Umfrageergebnissen, an Parteiloyalitäten ändern sie offenbar wenig. Auch ein Mega-Parteispenden-Abend der Tories kürzlich - der Black-and-White-Ball in Park Lanes feinem Grosvenor House Hotel - hat, als Einzelheiten über ihn an die Öffentlichkeit drangen, nur bestätigt, was viele Briten eh schon dachten. Dabei hat kaum eine Veranstaltung auf so kuriose Weise den Selbstvermarktungswillen der Tories herausgekehrt wie diese.

In einer Großauktion boten Minister und Ministerinnen sich sozusagen selbst an, um die Wiederwahl der Partei im Mai zu sichern. Für einige zehntausend Pfund Einsatz durften spendierfreudige Gäste erwarten, die neue Bildungsministerin Nicky Morgan auf ihrem Fünf-Kilometer-Trainingslauf am Morgen zu begleiten. Oder mit Bürgermeister Boris Johnson ein Tässchen Tee trinken zu gehen. Von Innenministerin Theresa May beim Schuheinkauf begleitet und beraten zu werden, soll noch einiges teurer gewesen sein. Es war der Hauptpreis des Black-and-White-Abends in Park Lane. Riesige Summen flossen offenbar binnen weniger Stunden in die Tory-Kasse.

110.000 Pfund, haben indiskrete Teilnehmer berichtet, seien etwa ersteigert worden für die Überlassung des Privatklubs Annabel für eine Partynacht in diesem Wahljahr. Das großzügige Los spendete der Besitzer des Londoner Ivy-Restaurants, Richard Caring, der nach jüngsten Enthüllungen des Londoner "Guardian" 2005 einmal fünf Millionen Franken vom Genfer Zweig der HSBC in bar in Empfang genommen hatte.

Unheimlich ist dieser Pakt seiner Partei mit dem Mammon in letzter Zeit dem konservativen Ex-Schatzkanzler Ken Clarke geworden. Die Tories stünden besser da, meinte Clarke vor ein paar Tagen, "wenn sie weniger abhängig von den Spenden reicher Individuen wären". Seinem Parteichef empfahl der Tory-Veteran, sich lieber um mehr staatliche Unterstützung für Parteien zu bemühen. Die Aussichten dafür sind freilich gering, solange Cameron Gelder in dieser Höhe zufließen - und die Labour Party um jeden Penny rangeln muss.