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"Wollen Transparenz bei Steuern"

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik
reuters/Eric Vidal

Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna unterstützt EU-Pläne für Austausch von Steuerinformationen.


"Wiener Zeitung":Am 30. Juni läuft das griechische Hilfsprogramm aus; einen Tag später übernimmt Luxemburg den EU-Vorsitz. Werden Sie damit auch ein ungelöstes Griechenland-Problem übernehmen?Pierre Gramegna: Das Problem muss in der Eurogruppe gelöst werden; da gibt es eine ständige Präsidentschaft. Ich werde aber im Juli Vizepräsident, also noch enger eingebunden. Ich sitze mit den Kollegen aus der Eurozone an einem Tisch, und es gehört zu unserem Job, Lösungen für schwierige Situationen zu finden.

Erwarten Sie, dass die Suche bei der nächsten Sitzung am Montag von Erfolg gekrönt wird? Die Gespräche haben bisher keine Verständigung gebracht.

Wir haben uns am 20. Februar mit den Griechen darauf geeinigt, dass wir ihnen eine viermonatige Übergangszeit geben, in der wir analysieren, welche Reformen die Regierung in Athen vorhat. Einen kompletten Fahrplan haben wir bis heute nicht erhalten. In den vergangenen zwei Wochen ist eine gewisse Dynamik in die Verhandlungen gekommen, weil Griechenland einige Ankündigungen gemacht hat. Aber wir wollen Taten, nicht nur Worte.

Das heißt es schon seit längerem. Gibt es trotzdem Spielraum?

Wir haben bereits viel Zeit verloren. Die griechische Regierung muss jetzt ihre Pläne vorlegen, damit die drei Institutionen EZB (Europäische Zentralbank), EU-Kommission und IWF (Internationaler Währungsfonds) ihre Aufgaben wahrnehmen und wir ein besseres Bild davon bekommen können, inwiefern sich die Griechen an die Rahmenbedingungen halten.

Wie diese auszulegen sind, wird aber unterschiedlich interpretiert.

Das Neue an der Vereinbarung im Februar war unser Zugeständnis an Athen, dass Griechenland zwar einige Eckpunkte erfüllen muss, aber es dazwischen Flexibilität gibt, um bestimmte Beschlüsse treffen zu können. Doch wenn die Griechen uns nicht sagen wollen, welche Maßnahmen sie ergreifen möchten, ist es schwer das zu beurteilen. Flexibilität ist nur möglich, wenn auf der anderen Seite Transparenz besteht.

Transparenz ist auch das Stichwort für ein anderes Thema: Steuerpolitik. Als im Vorjahr das Ausmaß der Steuerabsprachen internationaler Konzerne mit den luxemburgischen Finanzbehörden bekannt wurde, war die Empörung groß. Die EU-Kommission schlägt nun einen automatischen Austausch von Informationen über solche Vorentscheide vor. Kann sie mit der Unterstützung Luxemburgs rechnen?

Ja, wir haben uns auch einen solchen Vorstoß gewünscht. Denn wenn wir Transparenz wollen, dann ist der Informationsaustausch der beste Weg, um das zu erreichen.

Bei der Weitergabe von Bankdaten war Ihr Land noch zögerlicher. Gemeinsam mit Österreich hat es jahrelang eine entsprechende Regelung blockiert. Werden die EU-Staaten nun tatsächlich ernsthaft gegen Steuervermeidung und -flucht vorgehen?

Luxemburg hat den Weg zu Steuertransparenz eingeschlagen. Das Bankgeheimnis ist aufgehoben, und wir haben uns sogar dazu verpflichtet, zu der Gruppe der Länder zu gehören, die bereits 2017 den automatischen Informationsaustausch praktizieren. Die Datensätze werden mehr umfassen als nur Angaben zur Besteuerung von Zinsen. Denn es ist uns klar, dass sich die Welt geändert hat. Seit der Finanzkrise haben viele Bürger und Unternehmen mehr Steuern zahlen müssen. Da stößt es auf Unverständnis, dass einige große Konzerne ihre Steuerlast mindern, selbst wenn sie das auf legale Weise tun. Wir brauchen Regeln, die für Steuergerechtigkeit sorgen. Die kann es aber nur geben, wenn es nicht nur auf EU-Ebene geregelt wird, sondern international, am besten weltweit. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) arbeitet ja daran.

Reicht Transparenz dafür aus? Oder gibt es bereits Überlegungen, das System der Steuerabsprachen überhaupt zu ändern?

Die sogenannten tax rulings sind ja nicht illegal. Die OECD untersucht diese Technik derzeit. Und wenn die Regeln geändert gehören, dann werden sie eben geändert. Aber die rulings, also Steuervorentscheide einfach nur anzuprangern, ist keine gute Idee. Diese haben ja einen Zweck: Unternehmen Rechtssicherheit zu geben. Das brauchen Firmen, die grenzüberschreitend tätig sind, und deswegen haben 26 von 28 EU-Staaten solche Regelungen.

Wäre ohne sie der Finanzplatz Luxemburg gefährdet?

Wenn wir gemeinsame Regeln haben, dann mache ich mir um die Attraktivität des Finanzplatzes keine Sorgen. Wir haben viel Erfahrung bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen im Finanzbereich. Wir machen das seit Jahrzehnten, sprechen viele Sprachen und haben entsprechendes Wissen gesammelt. Das ist unsere Stärke.

Zur Person

Pierre Gramegna

Der 57-jährige Ex-Diplomat ist seit Dezember 2013 Finanzminister Luxemburgs. Zuvor war der liberale Politiker Generaldirektor der luxemburgischen Handelskammer und als Botschafter unter anderem in Japan und Südkorea tätig.