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Der erste "Republikaner"

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Nicolas Sarkozy läuft sich für die Präsidentschaftswahl 2017 warm. Seine konservative UMP soll dafür komplett umgebaut werden und künftig den Namen "die Republikaner" tragen. Nicht nur die politischen Gegner in Frankreich sind skeptisch.


Paris. Der erbitterte Widerstand hat Paul Républicain und seiner Familie aus der südfranzösischen Stadt Tarbes nichts genützt. Mit einer Beschwerde bei der Justiz hatten sie noch verhindern wollen, dass Frankreichs größte Oppositionspartei künftig heißen könnte wie sie: "Les Républicains" - "Die Republikaner".

Als Zeichen des Neuanfangs nach Führungsfehden und Skandalen will Parteichef Nicolas Sarkozy seine rechtsbürgerliche UMP umbenennen. Laut richterlichem Beschluss darf er das auch: Ein Gericht wies zu Wochenbeginn die Beschwerde eines Bündnisses von Gegnern ab, dem sich neben politischen Vereinigungen wie der Union sozialistischer und republikanischer Abgeordneter auch Privatleute wie die Familie Républicain angeschlossen hatte.

Dass die Wogen derartig hochgegangen sind, hat auch damit zu tun, dass der Begriff der "Republik" im politischen Frankreich fast schon sakrosankt ist, hier verbindet sich unmittelbar das Erbe der Revolution mit der Idee der nationalen Einheit. Bei der Republik handele es sich um ein geschütztes Symbol, das nicht von einer bestimmten politischen Formation vereinnahmt werden dürfe, hatten die Kläger dementsprechend argumentiert. "Durch Artikel eins der Verfassung sind wir alle Republikaner", erklärte Anwalt Christophe Léguevaques. Frankreich sei eine unteilbare Republik und bei Sarkozys Vorgehen würden zwei Drittel der Bevölkerung ausgeschlossen.

Das Lager des ehemaligen Präsidenten weist den Vorwurf zurück: Man beanspruche ja gar nicht, die einzig wahren "Republikaner" zu sein. Es hat recht bekommen. Auch eine Petition namens "Wir sind die Republikaner!" mit mehr als 20.000 Unterschriften gegen die Umbenennung blieb wirkungslos. Fertig ist das neue Logo ohnehin längst.

Bevor die geplante Neugründung beim Parteitag an diesem Samstag vollzogen wird, darf die Parteibasis trotzdem noch bis zum heutigen Freitagabend in einer Online-Befragung über die Umbenennung abstimmen. Inzwischen spricht sich laut Umfragen eine Mehrheit der insgesamt 213.000 UMP-Mitglieder dafür aus, während 70 Prozent der Franzosen insgesamt sie ablehnen. Skepsis erregte der Name auch aufgrund der Nähe zu den US-Republikanern - die Amtszeit von George W. Bush hat deren Ruf auch in Frankreich geschadet.

Keine Kürzel mehr

Doch Sarkozy wollte eine Bezeichnung, die nicht hinter einem unverständlichen Kürzel verschwindet: Die Vorgänger der UMP ("Union pour un mouvement populaire", übersetzt "Union für eine Volksbewegung"), die 2002 als Zusammenschluss verschiedener konservativer und Zentrumsparteien entstand, hießen RPR, UDR und UNR. Nun verspricht der Ex-Präsident den Neuanfang mit einer Dezentralisierung der Partei, größeren Mitspracherechten für die Mitglieder vor Ort und mehr Transparenz. Die Republikaner sollen eine Partei des 21. Jahrhunderts werden.

Nach Sarkozys Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2012 hatte ein Führungsstreit zu einer Zerreißprobe geführt. Außerdem läuft ein Verfahren gegen ehemalige Kader, die versucht hatten, mit gefälschten Rechnungen zu vertuschen, dass das zulässige Wahlkampfbudget 2012 um 18 Millionen Euro überschritten wurde. Weil deshalb die staatlichen Zuschüsse im Nachhinein gestrichen wurden, ist die UMP hoch verschuldet.

Auch wenn diese Probleme bleiben, gilt die Umbenennung als Signal des Aufbruchs. "Von Grund auf" werde alles neu organisiert, verspricht der 60-jährige Ex-Staatschef mit der gewohnten Energie. So wird beim Parteitag auch über neue Statuten und ein Führungsgremium mit 120 Mitgliedern abgestimmt. Einen großen Zusammenschluss von der Mitte bis zum rechten Rand, von Gaullisten, Rechtsliberalen und Konservativen visiert Sarkozy an - das erhöht die Wahlchancen. Als kleinster gemeinsamer Nenner soll der Widerstand gegen den aktuellen Präsidenten François Hollande reichen.

So handelt es sich bei der Zustimmung zur "Neugründung" um einen Vertrauenstest für Sarkozy und um eine wichtige Etappe bei dem Versuch, sich als Spitzenkandidat seiner Partei zu positionieren. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 möchte er erneut antreten, erhielt aber überraschend viel Gegenwind auch aus den eigenen Reihen.

Gewichtige Gegner

Vor allem Alain Juppé präsentiert sich als ernstzunehmender Gegner. Der 69-jährige frühere Premier- und Außenminister gilt als moderater und er polarisiert weniger. Ex-Präsident Jacques Chirac, der bei den Franzosen heute sehr beliebt ist, nannte seinen langjährigen Weggefährten Juppé "den Besten unter uns". Auch Juppé hatte sich zunächst gegen die Umbenennung in "Die Republikaner" ausgesprochen, weil eine Partei diesen Ausdruck nicht monopolisieren könne - ein Zeichen dafür, dass Sarkozy nicht die uneingeschränkte Autorität besitzt.

Zwar konnte Sarkozy Erfolge bei den Senats- und den Départementswahlen verbuchen, seit er Ende letzten Jahres wieder an die Parteispitze gelangt ist. Doch weder die UMP noch die Öffentlichkeit haben ohne weiteres seine Rückkehr in die Politik akzeptiert, nachdem ihn eine Mehrheit der Wähler 2012 in die Frührente geschickt hat. Es gilt für Sarkozy daher nach wie vor zu beweisen, dass ihn nicht nur der persönliche Ehrgeiz antreibt - sondern eine echte Vision für Frankreich. Wie auch immer der Name seiner Partei letztendlich lauten mag.