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In der Pegida-Hochburg nicht willkommen

Von Alexander Dworzak

Politik

Im sächsischen Freital demonstrieren Bürger seit Tagen gegen Asylwerber, Pegida-Mastermind Bachmann mischt rhetorisch mit.


Freital/Wien. "Don’t worry, be Freital" prangt auf dem himmelblauen Damen-Shirt. Stolz posiert Claudia Mihály damit, hat es sich gar übergezogen. Sie ist Stadträtin im sächsischen Freital, einer knapp 40.000 Einwohner zählenden Stadt südwestlich von Dresden. Neben Mihály posiert Lutz Bachmann. Auch er trägt Freital-Ware, einen schwarzen Zipp-Pullover. Das Bild wurde im März 2014 aufgenommen, damals war Bachmann höchstens in Dresden und Umgebung als Werbegrafiker ein Begriff. In den vergangenen Monaten erlangte er Bekanntheit als Kopf von Pegida, den selbsternannten "Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes". Freital galt dabei als Pegida-Hochburg. Es hat sogar einen eigenen Ableger namens "Frigida". Nun rückt die Kleinstadt ob des Umgangs einiger Bürger mit Flüchtlingen in den Fokus.

Seit Anfang der Woche demonstrieren jeden Tag Einwohner vor dem ehemaligen Hotel "Leonardo", in dem Asylwerber einquartiert werden. Denn die zentrale Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz ist überfüllt. 160 Demonstranten zählte man am Mittwoch; Unterstützer der Flüchtlinge wurden dabei mit Flaschen beworfen.

Deutsche nur "3. Wahl"

Wie Pegida nutzen auch die Flüchtlingsgegner Facebook intensiv. Ihre Gruppe "Freital wehrt sich. Nein zum Hotelheim" zählt derzeit knapp 4700 Unterstützer. Die Betreiber schreiben Sätze wie "Deutsche nur noch 3. Wahl im eigenen Land" und wettern gegen die "Asylwirtschaft": "Wir könnten einfach nur ko. . . . Hotel läuft nicht, da machen wir es zu einer gewinnbringenden Asylunterkunft in einem Naherholungsgebiet." Die Betreiber der Facebook-Gruppe betonen, Bachmann habe nichts mit ihnen zu tun, er sei lediglich als "Gast auf den Veranstaltungen" aufgetreten. Bachmann wiederum bezeichnet Gegendemonstranten zur Freital-Initiative als "SAntifa-Staffel".

Auch wenn es keine offizielle Zusammenarbeit zwischen Bachmann und den Freitalern gibt, sind sie kommunizierende Gefäße. Pegida hat mit ihrer Stimmungsmache den rhetorischen Boden aufbereitet. Außerhalb von Dresden und Umgebung fiel die Zustimmung mager aus, aber in der sächsischen Landeshauptstadt besuchten zeitweise mehr als 20.000 Personen Pegida-Kundgebungen. Bachmann gab die Führung vorübergehend ab, nachdem bekannt wurde, dass er Asylwerber in Facebook-Postings "Viehzeug", "Gelumpe" und "Dreckspack" genannt hatte.

31 Straftaten wurden in den ersten fünf Monaten an oder in sächsischen Asylwerberunterkünften von rechten Tätern verübt, darunter Brand- und Sprengstoffanschläge, Beleidigung und Volksverhetzung, berichtet der "Tagesspiegel". Im gesamten Jahr 2012 gab es hingegen nur acht derartiger Fälle.

Nach mehrtägiger Schockstarre wurde Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich aktiv, er unternahm am Donnerstag einen "Arbeitsbesuch" in Freital. Während Tillich versucht zu kalmieren, gießt sein bayerischer Amtskollege Öl ins Feuer. Horst Seehofer verknüpfte die Flüchtlingstragödien in einem Interview mit dem Münchner "Merkur" mit "massenhaftem Asylmissbrauch". Kritik erntete er dafür von SPD, Grünen und der Linkspartei.