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Immer noch einer zu viel

Von Alexander Dworzak

Politik

Die Alternative für Deutschland reduziert ihr Führungstrio auf ein Duo - das sich spinnefeind ist.


Essen/Wien. "Gemeinsam statt einsam!", verkündet Frauke Petry im Kurznachrichtendienst Twitter. Das Motto der Co-Parteivorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD) gilt dem Parteitag in Essen am Wochenende. Petry meint ernst, was sie propagiert. Zumindest tut sie so. Was insofern erstaunt, als dass die 40-Jährige eine Hauptrolle für den seit Monaten andauernden Streit an der Parteispitze spielt. Der zweite Protagonist ist Bernd Lucke, Initiator und Kopf der AfD - zumindest zu deren Anfangszeit. Petry oder Lucke: Die AfD stellt in Essen die Weichen, wohin die künftige inhaltliche Reise der Partei geht.

Fehlende Abgrenzung zu Rechtspopulisten wirft Lucke seiner Kontrahentin vor. Professorales Gehabe, das über die Eurokrise nicht hinausgeht, kontert die Gegenseite. Der Unterschied zwischen beiden zeigt sich sehr plastisch anhand ihrer Twitter-Nachrichten. Bei Petry dominieren zwei Themen: Griechenlandkrise und EU-Flüchtlingsdebatte. Sie liegt dabei mit ihrer Kritik am Euro im Partei-Mainstream, instrumentalisiert aber die Ressentiments gegenüber Flüchtlingen - wie auch die bayerische CSU es macht: "Kein Taschengeld mehr für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten. Asylmissbrauch stoppen!", postet Petry. Lucke hingegen widmet sich dieser Tage ausschließlich der Lage in Griechenland.

"Griechen leiden, Deutsche zahlen, Banken kassieren"

Der Wirtschaftsprofessor hat dieser Tage wieder die Themenhoheit über seine Konkurrentin. Man fühlt sich zweieinhalb Jahre zurückversetzt, als die AfD startete. "Die Griechen leiden, die Deutschen zahlen, die Banken kassieren", lautete die AfD-Parole damals. Viele Bürgerliche nickten zustimmend und machten ihr Kreuz bei der neuen Partei. Für den Einzug in den Bundestag reichte es knapp nicht, die Erfolge sollten sich insbesondere danach auf Landesebene einstellen. Bei Wahlkämpfen in Sachsen oder Thüringen war Griechenland weit weg. Die promovierte Chemikerin Petry, Chefin der AfD in Sachsen, überholte dort die CDU innen- und sicherheitspolitisch rechts - auch mit Vorschlägen wie Volksabstimmungen beim Bau von Moscheen mit Minaretten. 9,7 Prozent erreichte die AfD unter Petry bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr. Gemeinsam mit dem brandenburgischen Vorsitzenden Alexander Gauland bildete sie ein öffentlichkeitswirksames Tandem nach rechts, bis hin zur Koketterie mit der "Pegida"-Bewegung. Lucke kam inhaltlich in Bedrängnis und wirkte als EU-Abgeordneter in Straßburg und Brüssel auch räumlich isoliert.

In Essen wird die Parteispitze auf Luckes Betreiben von drei auf zwei Personen verkleinert - der derzeit dritte AfD-Vorsitzende Konrad Adam gehört dem Petry-Flügel an. Abweichende Meinungen sind für Lucke schwer zu akzeptieren. Also schickt er die wenig profilierte Ulrike Trebesius für das zweite Vorsitzendenamt vor, um als erster Vorsitzender freie Hand zu haben.

Diesen Gefallen wird ihm das Petry-Lager kaum tun. Statt des Trios Lucke, Petry und Adam wird die AfD künftig wohl vom Duo Lucke und Petry geführt. Der Parteitag in Essen ist somit das Vorgeplänkel für den großen Showdown; denn längerfristig soll es in der AfD nur einen Vorsitzenden geben. Lucke hat bereits die Rute ins Fenster gestellt und drohte mit der Abspaltung seiner Getreuen. 4400 der 22.000 Mitglieder sind bisher seinem Verein "Weckruf 2015" gefolgt, der - noch - parteiintern ist.