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Slowakei klagt gegen EU-Flüchtlingsquote

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik
Ein Mädchen steht im September an der Absperrung eines temporären Wartebereichs in Salzburg. Geht es nach Wilfried Haslauer, sollte es künftig in einer Wartezone ausharren.
© reu/Dominic Ebenbichler

Debatte um Aufnahmezentren und mehr Kontrollen entzweit EU-Staaten.


Brüssel. Von neuen Hotspots möchte Wilfried Haslauer nicht sprechen. Nein, solche Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge wie in Griechenland und Italien stellt sich der Salzburger Landeshauptmann unweit Österreichs nicht vor. Dennoch müssten Wartezonen geschaffen werden, in denen die Schutzsuchenden auf ihrer Reise nach Deutschland beispielsweise kurzfristig untergebracht werden können. Dabei könnten Österreich, Deutschland und Slowenien kooperieren und gemeinsam mit Kroatien an der kroatisch-slowenischen Grenze derartige Einrichtungen ermöglichen. "Wenn wir unsere Kräfte bündeln, wären wir viel effizienter", erklärte Haslauer bei einem Besuch in Brüssel.

Die Bemühungen der EU zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, mit ihren Elementen zur Sicherung der Außengrenzen, Registrierung der Menschen in den Hotspots und Verteilung der Asylwerber in der Union, unterlaufe dies keineswegs, befand der Landeshauptmann. Doch während die Mitgliedstaaten in Brüssel auf einer eher abstrakten Ebene darüber diskutieren, müssen manche Länder und Bundesländer schnelle Lösungen finden, wenn tausende Menschen innerhalb weniger Stunden dort ankommen. Dabei stoßen die Behörden laut Haslauer "an die Grenze des Machbaren". So seien in Österreich heuer 95.000 Schutzsuchende unterzubringen und im nächsten Jahr mindestens noch einmal so viele. Und selbst wenn die Menschen weiterreisen möchten, kann es zu einem Rückstau kommen, wenn mehr als 6000 Personen, die Deutschland täglich aufnehme, die Grenze passieren wollen.

Daher wäre es höchste Zeit, Quartiere einzurichten, in denen sich die Nachbarn Österreich, Deutschland und Slowenien die Arbeit der Registrierung der Flüchtlinge teilen, findet Haslauer. Solch eine Kooperation wäre auch zur Sicherung der Schengen-Grenze zu Kroatien nötig, um sicherzustellen, dass die Menschen nicht unkontrolliert einreisen. Sollte dann auch noch dort über eine Verteilung der Asylwerber in den drei Staaten entschieden werden, müssten diese zuvor Kontingente festlegen.

Droht Griechenland Rauswurf aus Schengen-Zone?

Das zeigt aber auch gleich die Hürden für eine Umsetzung der Idee. Zum einen sind die Überlegungen zur Fixierung eines Limits bei der Flüchtlingsaufnahme sowohl in Deutschland als auch in Österreich umstritten. Zum anderen halten die Staaten an ihren nationalen Zuständigkeiten bei der Grenzsicherung fest. Für Haslauer wäre ein koordiniertes Vorgehen an den Außengrenzen aber ebenso ein Beitrag zur Wahrung der Schengen-Zone, in der Reisen ohne Passkontrollen möglich ist. Zäune wie etwa in Spielfeld wären dann nämlich obsolet.

Doch die Flüchtlingskrise hat die Debatte um Einschränkungen der Reisefreiheit auch für EU-Bürger schon längst verschärft. Daher werden die Mahnungen der Unionspolitiker und Institutionen, den Schutz der Außengrenzen immer drängender. Nun hat die EU-Kommission ein Warnsignal an die Regierung in Athen gesandt und Griechenland mit einer Aussetzung des Schengen-Abkommens gedroht. Wie die belgische Zeitung "Le Soir" berichtet, habe Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis in einem Schreiben an den Präsidenten der Brüsseler Behörde, Jean-Claude Juncker, die Lage für Asylwerber auf griechischem Boden als unzumutbar bezeichnet. Es gebe Chaos und extreme Armut.

Seit einiger Zeit bereits häuft sich die Kritik an den Griechen. Die Hotspots würden nicht funktionieren, die Flüchtlinge nicht registriert. Die griechische Regierung würde die vereinbarten Maßnahmen nicht umsetzen und nicht einmal die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel in Anspruch nehmen. Die EU könnte nun Druck ausüben, indem die benachbarten Unionsmitglieder an den Übergängen zu Griechenland wieder Kontrollen einführen. Das ist möglich, wenn ein Land dauerhaft die EU-Außengrenze nicht sichern kann.

Hahn befürchtetneue Spaltung Europas

Dass diese Überlegungen jedoch ihre "theoretische Natur" behalten, hofft Andriukaitis’ Kollege Johannes Hahn. "Es geht nun darum, dass Griechenland die angebotene europäische Hilfe annimmt", sagte der für Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissar bei einem Treffen mit österreichischen Journalisten. Trotz allem glaubt er aber, dass Europa die "Problematik in den Griff bekommen" werde - auch wenn die Flüchtlingskrise sogar "ernsthafter" als die Wirtschaftskrise sei.

Sorgen bereitet Hahn nach eigenen Aussagen allerdings eine mögliche neue Spaltung in Ost- und Westeuropa. Denn in dem Tauziehen um einen fixen Schlüssel zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU ist der Widerstand mancher ost- und mittelosteuropäischer Staaten heftig. So konnte die Verständigung auf eine Umsiedlung von bis zu 160.000 Schutzsuchenden innerhalb von zwei Jahren nur mit Mehrheit - statt einstimmig - gefällt werden.

Gegen den Beschluss geht die Slowakei nun, wie von ihr angekündigt, juristisch vor. Das Land reichte Klage beim Europäischen Gerichtshof ein und hofft darauf, dass die Richter die Ministerentscheidung zur Flüchtlingsaufnahme für ungültig erklären. Die Verteilungsschlüssel seine "unsinnig und technisch unmöglich", befand Premier Robert Fico.