Paris/Berlin. Die rasche Umsetzung von Wirtschaftsreformen in Frankreich sind dem Jacques-Delors-Institut zufolge das beste Rezept gegen den Aufstieg der fremdenfeindlichen Front National (FN). "Es ist das Nichtstun, das den Front National so stark gemacht hat", sagte der Direktor der in Berlin ansässigen deutsch-französischen Denkfabrik, Hendrik Enderlein, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.
Aus Furcht vor einem weiteren Aufstieg der rechtsextremen Partei seien unpopuläre Reformen lange unterlassen worden. In den vergangenen zwölf Monaten sei die Regierung zwar aktiver geworden. "Aber das hätten wir schon vor fünf Jahren gebraucht. Denn bis Strukturreformen wirken, braucht es Zeit, wie die deutschen Hartz-IV-Reformen belegen."
Arbeitsmarkt flexibler machen
Frankreich müsse vor allem seinen Arbeitsmarkt flexibler machen. Bis zur Präsidentschaftswahl 2017 bleibe noch genügend Zeit. "Wenn der Aufschwung zurückkommt, wird man das auch am Wahlergebnis ablesen können", so der Frankreich-Kenner. "Gerade jetzt sind Reformen wichtig wie nie, um die seit Jahren anhaltende Schockstarre zu lösen."
Der Erfolg der rechtsextremen Front National bei den Regionalwahlen in Frankreich hat auch ökonomische Ursachen. Denn die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone dümpelt seit Jahren vor sich hin und leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit.
"Wenn man Gesellschaftspolitik verschläft"
Die SPD wertete den Wahlerfolg der FN in Frankreich als "Alarmsignal". Das Ergebnis der Regionalwahlen führe vor Augen, was passiert, "wenn man über Jahrzehnte eine Gesellschaftspolitik verschläft", die aktiv auf die Integration von Zuwanderern abziele, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag in Berlin. Der FN-Erfolg sei eine "Mahnung", bei den Integrationsbemühungen in Deutschland nicht nachzulassen. Die Front National sei "eine Partei, die in Frankreich Feindbilder hoffähig gemacht hat, die ausgrenzen und spalten will", sagte Fahimi. Sie warnte die politischen Parteien in Deutschland vor jedem Versuch der Annäherung an die FN.
CSU-Chef Horst Seehofer mahnte die Unionsparteien angesichts des Rechtsrucks bei der Regionalwahl in Frankreich zur Lösung politischer Probleme in Deutschland. "Wir haben ja auch in Deutschland eine politische Gruppierung rechts von der Union", sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag in München mit Blick auf die AfD. "Deshalb müssen wir mit höchster Aufmerksamkeit die beiden Themen, die die Menschen im Moment am meisten bewegen, nämlich die Sicherheit, die Sicherheit vor Terroranschlägen und die Begrenzung der Zuwanderung lösen", ergänzte der CSU-Chef. "Die Lösung von Problemen, ich kann es nur immer wiederholen, ist der beste Schutz vor Rechtsradikalen."
In Frankreich ging die FN am Sonntag mit einem Rekordergebnis von knapp 28 Prozent als stärkste Kraft aus der ersten Runde der Regionalwahl hervor. Die rechtspopulistische AfD sieht in der FN keinen Partner für eine Zusammenarbeit in Europa. Die FN lehne unter anderem die Europäische Union ab, was die AfD nicht tue. Auch die britische UKIP sei ebenso wie die FN wegen eines fremdenfeindlich Kurses kein Partner für die AfD, sagte Parteisprecher Christian Lüth in Berlin. Kritiker werfen der AfD jedoch vor, mit fremdenfeindlichen Ressentiments auf Stimmenfang zu gehen.