Brüssel/Wien. (vee) Eine wahre Explosion verzeichnete die Weltbevölkerung in den vergangenen sechzig Jahren. Laut Vereinten Nationen stieg die Zahl der Erdbewohner von 2,5 Milliarden in 1950 auf 7,3 Milliarden im Jahr 2015. Populationsforschern zufolge wird die Weltbevölkerung weiter wachsen, wenn auch in gemäßigterem Tempo als bisher. Und: Sie wächst vor allem in den ärmsten Ländern der Welt. Europa hingegen verzeichnete schon in den vergangenen Jahren eine beträchtliche Verlangsamung beim Bevölkerungswachstum. Diese Entwicklung gleicht zwar jenen in anderen entwickelten Industrieländern, nach Japan altert die Bevölkerung in Europa jedoch am schnellsten weltweit.

Laut EU-Statistikbehörde Eurostat lebten im Jänner 2014 506,8 Millionen Menschen in den 28 Ländern der Union. Gemessen an der Weltbevölkerung sind dies lediglich knapp mehr als sieben Prozent - vor fünf Dekaden noch war dieser Anteil fast doppelt so hoch. Und Eurostat sieht in seinem jüngsten Bericht keine baldige Rückkehr zu früheren Zahlen. In den nächsten etwa 30 bis 40 Jahren wird die Bevölkerung Europas minimal wachsen und 2050 einen Höchstwert von 526 Millionen Menschen erreichen. Gleich danach aber wird die Zahl der EU-Bürger stagnieren und in der Folge abfallen. 2075, so die Schätzungen von Eurostat, könnten die EU-Länder nur noch 519,8 Millionen Bürger haben.

Auch innerhalb der EU-Länder prognostiziert Eurostat massive Verschiebungen. Nimmt man den Stichtag 1. Jänner 2014, so reicht die Bevölkerungsanzahl der EU-Staaten von 80,7 Millionen in Deutschland bis 0,4 Millionen auf Malta. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien zusammen machen mehr als die Hälfte (54 Prozent) der EU-Bevölkerung aus. Geht es nach Eurostat, so steht Deutschland am Rande einer Bevölkerungskrise. Das Land wird seine Position als bevölkerungsreichstes Land abgeben. Großbritannien wird laut Prognosen im Jahr 2080 rund 85 Millionen Bürger haben, während Deutschland auf 65 Millionen schrumpft - ungeachtet dessen, dass das Land in dem Zeitraum 9,5 Millionen Migranten aufnimmt. Eine klare Erklärung, warum die Bevölkerung Deutschlands derart abnehmen soll, bietet der Bericht jedoch nicht.

Frankreich wiederum soll als zweites stark wachsendes Land bei der Gesamtbevölkerung auf den zweiten Platz vorrücken. Dem Großteil der osteuropäischen und südlichen Länder hingegen wird ein teils drastischer Rückgang prognostiziert. Griechenland, Portugal, Bulgarien, die Slowakei und Lettland könnten bis 2080 gar ein Drittel ihrer Bevölkerung verlieren, Litauen sogar 37,4 Prozent. Für Österreich, das von 2004 bis 2014 schon mehr als 70 Prozent seines Bevölkerungswachstums über Nettomigration generierte, sieht Eurostat 2080 eine Bevölkerung von 9,6 Millionen. Zwar würde die Bevölkerung durch mehr Tode als Geburten um 1,3 Millionen schrumpfen, doch aufgrund einer Nettomigration von 2,3 Millionen Menschen wachse die Anzahl der Österreicher.