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Wasser auf die Mühlen der britischen Immigrationsgegner

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Die Ereignisse in Köln werden im Vereinigten Königreich besonders aufmerksam verfolgt. In den vergangenen Jahren gab es hier mehrere ähnliche Fälle.


London. Jenseits des Ärmelkanals sind die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht auf besondere Resonanz gestoßen. Die britische Regierung sieht sich durch sie bestätigt in ihrer restriktiven Flüchtlings-Politik.

Vor allem junge Männer aus Afrika und dem Nahen Osten will man sich im Vereinigten Königreich, so gut es geht, vom Leib halten. Die 4000 Syrer zum Beispiel, die Premierminister David Cameron pro Jahr aufzunehmen bereit ist, sind allesamt "handverlesen". Statt dem Ansturm der Migranten die Tür zu öffnen, überführt London einzelne "besonders schutzbedürftige" Kandidaten aus UN-Flüchtlingslagern in der Türkei oder in Jordanien ins eigene Land.

Die Kontingente bestehen wenn nicht aus Frauen und Kindern, so meist aus kompletten Familien und oft aus alten, kranken und gebrechlichen Menschen. "Nach Köln" aber sei es Zeit, dass der Rest Europas ähnliche "Kontrollen" einführe, meint die konservative Londoner "Times" nachdrücklich. Vor "Verbrechen und Unordnung" im Zusammenhang mit dem "Zustrom junger Männer" aus überwiegend muslimischen Ländern warnt das Blatt in großen Lettern seine Leser bereits. Der ebenfalls Tory-freundliche "Daily Telegraph" sieht in den Kölner Vorfällen sogar schon "die erste vieler Schlachten im kommenden ,Kampf der Kulturen‘". Die "Daily Mail" findet, dass "islamische und arabische Männer" häufig "weiße Frauen" als "puren Müll" betrachteten: "Deshalb sind damals unsere Mädchen in Rochdale und Oxford missbraucht und nun diese weißen deutschen Frauen in Köln vergewaltigt worden."

Rochdale und Oxford, aber auch eine Reihe anderer Ortsnamen haben die jüngsten Meldungen aus Köln den Briten wieder ins Gedächtnis gerufen. Mit ihnen verbindet sich eine Geschichte örtlicher Sex-Gangs und horrender Kriminalität.

In Rochdale zum Beispiel machte sich eine organisierte Gruppe von Männern pakistanischer und afghanischer Herkunft zwischen 2008 und 2010 über mindestens 47 Kinder und junge Frauen aus meist ärmeren "weißen" Bezirken her. In Oxford stand 2013 eine siebenköpfige Gruppe britisch-pakistanischer und britisch-eriträischer Täter vor Gericht. Diese Gang soll 300 Mädchen aus der Region missbraucht, vergewaltigt oder an "Interessenten" weitergegeben haben.

Ignoriert und totgeschwiegen

Die meiste Empörung lösten aber die Ereignisse in der Yorkshire-Stadt Rotherham aus, wo in den 16 Jahren zwischen 1997 und 2013 angeblich 1400 Minderjährige missbraucht, vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen wurden. Auch diese Verbrechen wurden fast ausschließlich von Männern aus pakistanischen Einwandererfamilien begangen.

Was all diese Vorgänge zusätzlich verband, war die Mühsamkeit ihrer Aufklärung. Teils gaben Polizisten und Kommunalpolitiker jahrelang nichts auf Klagen von "streunenden" Mädchen, die sie offensichtlich verachteten. Teils scheuten sich Sozialämter aber auch, einer "rassistischen" oder "islamophobischen" Sichtweise geziehen zu werden.

Tatsächlich lieferten jahrelanges Schweigen und Unterdrückung interner Berichte den echten Islamophoben vor Ort erst so richtig Munition gegen Muslime und Immigranten. Mit Parolen wie "Unsere Mädchen sind kein Halal-Fleisch" zog die Britische Nationalpartei auf die Straße, als die Sache ans Licht kam. Von "Leuten aus diesen Kulturen" könne man ja gar nichts anderes erwarten, schimpften damals viele Briten. Und obwohl die Parallelen zwischen den eigenen kriminellen Gangs und den neuesten, noch kaum aufgeklärten Vorgängen in Köln begrenzt sind, besteht für Kommentatoren der britischen Rechten heute kein Zweifel daran, welche Lehren aus den bitteren englischen Erfahrungen zu ziehen sind.

"Eine echte Bedrohung"

Man könne "nicht länger so tun", als ob religiöse und kulturelle Faktoren keine Rolle spielten bei solcher Aggression gegen Frauen, war am Freitag in der "Times" zu lesen. Viele Flüchtlinge zeigten sich leider keineswegs dankbar für ihre Aufnahme, sondern stellten für westliche Frauen "eine echte Bedrohung" dar. Die Antwort auf diese Vorfälle sei nicht, Zuwanderung zu stoppen, hieß es dagegen im liberalen "Guardian". Sondern Ruhe zu bewahren, genau hinzuschauen und Verhältnisse, die möglicherweise zur Gewalt beitragen, zu ändern: "Weder betretenes Schweigen noch zeternde Beschuldigungen helfen weiter in dieser Situation."