Amsterdam. Zwischen all den Kuttern in der kleinen Bucht fällt das Boot auf. Dutzende Menschen scheinen sich auf dem Deck zu drängen, stehend, manche von ihnen mit Warnwesten in knalligen Farben ausgestattet. Aber niemand bewegt sich. Es sind nämlich Schaufensterpuppen - Figuren, die Amnesty International auf das Schiff gestellt hat. Ihre Botschaft hat die Menschenrechtsorganisation auf einem Schild hinter dem Heck angebracht. "Politiker Europas", lautet der Aufruf: "Ihr solltet euch nicht um Umfragen kümmern sondern um Geschichtsbücher."

Es ist ein Protest gegen die Flüchtlingspolitik der EU, ein Hinweis darauf, dass es an Wegen zur legalen Migration mangelt und Menschen deswegen in überfüllten Booten über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollen. Es soll ebenfalls an die Forderungen von Nichtregierungsorganisationen erinnern, dass es mehr Geld und Anstrengungen brauche, um den Krisenregionen zu helfen.

Der Appell war an die Innenminister der Union gerichtet, die sich an der kleinen Bucht versammelten. Im Schifffahrtsmuseum von Amsterdam kamen sie zu einem informellen Treffen zusammen. Im Mittelpunkt standen die Debatten darüber, wie die Zahl der Ankommenden in der EU verringert werden kann, wie die Gemeinschaft ihre Grenzen besser schützen kann - und wie einzelne Mitgliedstaaten dazu gezwungen werden können.

Denn die Klagen, dass Griechenland nicht ausreichend die Außengrenze der Union sichere, wollen nicht verstummen. Schon Ende des Vorjahres tauchten Gerüchte auf, dass das Land wegen seiner Versäumnisse aus der Schengen-Zone, in der Reisen ohne Passkontrollen möglich ist, ausgeschlossen werden könnte. Nun steht diese Drohung wieder im Raum, ausgesprochen etwa von der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

Gezerre um Kontrollen

Die Argumentation dabei ist: Wenn die griechischen Behörden es nicht allein schaffen, sich an ihre Verpflichtungen zu halten, müsse es eine europäische Problemlösung geben. Daher plädierte Mikl-Leitner unter anderem für eine gemeinsame Küstenwache. Es sei nämlich "ein Mythos", dass die türkisch-griechische Grenze nicht zu kontrollieren sei, erklärte die Ministerin vor dem Treffen mit ihren Amtskollegen. Ist diese Sicherung aber nicht möglich, werde sich die Schengen-Außengrenze Richtung Mitteleuropa bewegen.

Die Warnung, dass der Erhalt des Schengen-Raums in Gefahr sei, ist ebenfalls seit Wochen zu hören. Sie kommt aus der EU-Kommission und aus einzelnen Mitgliedstaaten - auch wenn alle Akteure gleichzeitig versichern, dass ein Zerfall unbedingt zu verhindern sei. Dennoch haben einige Länder wieder Grenzkontrollen eingeführt, um die Flüchtlingsströme wenigstens ansatzweise lenken zu können. Dazu gehören neben Deutschland und Österreich auch Frankreich, Schweden und Dänemark.