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Englisches Frühstück

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Lange Gipfel-Debatte um die Zukunft Großbritanniens in der EU erwartet.


Brüssel. "Ein "englisches Frühstück": Das könnte nach den Worten eines hochrangigen EU-Diplomaten die Staats- und Regierungschefs der Union am morgigen Freitag erwarten. Denn wenn die Politiker am heutigen Donnerstag zu ihrem Gipfel in Brüssel zusammen kommen, werden sie sich nicht nur mit der Flüchtlingskrise sondern auch mit der Zukunft Großbritanniens in der Gemeinschaft befassen. Und diese Debatte könnte sich länger hinziehen.

Es ist eine Inszenierung, die der britische Premier David Cameron braucht. Nach stundenlangen Verhandlungen kann er dann vor die Journalisten treten und seinen Landsleuten ausrichten lassen, er habe hart für deren Interessen gekämpft. Ob sich die Menschen auf der Insel später beim Referendum gegen einen "Brexit", den Austritt aus der Europäischen Union, entscheiden, bleibt freilich dennoch offen.

Unklar war auch bis zuletzt, wie der Kompromiss mit London aussehen könnte. Denn die Forderungen der dortigen Regierung nach einem "besseren Deal" mit der EU stoßen in manchen Mitgliedstaaten auf heftige Kritik. So kann beispielsweise Polen, dessen Bürger auf der Insel mittlerweile eine der größten Bevölkerungsgruppen stellen, geplanten Beschränkungen bei Sozialleistungen für Nicht-Briten nicht zustimmen. Deswegen soll es keinen Automatismus geben, sondern lediglich eine "Notbremse": Die Begrenzungen dürfen nur in Krisensituationen greifen, nur für einen bestimmten Zeitraum und nur für Neuankömmlinge.

Während dieser Punkt spezifische Zahlungen und damit vor allem das britische Sozialsystem betrifft, könnte ein weiteres Vorhaben anderen EU-Mitgliedern ebenfalls interessant erscheinen: die Anpassung der Höhe der Kinderbeihilfe an die Standards jenes Landes, in dem der Nachwuchs lebt. Wenn etwa die Kinder polnischer Immigranten in Polen wohnen, könnten britische oder schwedische Behörden dorthin verminderte Zahlungen überweisen, den Verhältnissen des anderen Staates entsprechend.

Solch eine Reduzierung der finanziellen Verpflichtungen mag für so manche westeuropäische Regierung verlockend klingen. Doch geben EU-Parlamentarier aus den Reihen der Europäischen Volkspartei schon zu bedenken, dass diese Regelung zu einer höheren Zuwanderung führen könnte, da etliche Kinder nachgeholt würden. Kopfzerbrechen bereitet auch die Formulierung des immer engeren Zusammenschlusses der Union, der vertraglich festgelegt ist. Einige sehen darin die Verpflichtung einer immer stärkeren, nicht zuletzt politischen Integration der Gemeinschaft - was den Briten nicht gefällt.

Trotzdem zeigten sich Verhandler des EU-Abgeordnetenhauses, das einem neuen Abkommen mit Großbritannien ebenfalls zustimmen muss, zuletzt optimistisch, dass eine Einigung mit London möglich sei. Auch zahlreiche europäische Regierungspolitiker betonten, wie wichtig ein Verbleib der Insel in der Union wäre. EU-Ratspräsident Donald Tusk, der das Gipfeltreffen leitet, ist jedenfalls an einer Verständigung noch in dieser Woche gelegen. Das Kompromisspapier dazu hat er vor gut zwei Wochen vorgelegt. An den Details wurde aber bis zuletzt noch gefeilt.