London. Eines ist sicher: Für den Finanzplatz London ist ein möglicher Austritt aus der Europäischen Union ein Spiel mit dem Feuer: Kommt es tatsächlich zu einem Brexit, könnte die Finanzmetropole ihre Privilegien verlieren, die Geschäfte würden sich verlagern - etwa nach Frankfurt. Es verwundert also nicht, dass sich Großbritanniens Wirtschaftstreibende mehrheitlich gegen einen Brexit aussprechen.
Eine entscheidende Rolle bei den Forderungen Londons, darunter die Kürzung der Sozialleistungen für EU-Ausländer sowie die Reduzierung von Zuwanderung und Reisefreiheit, spielten die gewünschten Änderungen bei den Finanzregeln. Londons Pochen auf Ausnahmen in diesem Bereich ist nichts Neues. Großbritannien hat seine eigene Währung behalten und legt großen Wert auf deren Unabhängigkeit - und auf jene des Finanzplatzes London.
In dem Kompromisspapier, das Premier David Cameron bis in die Nacht auf den heutigen Freitag mit den 27 weiteren EU-Staats- und Regierungschefs verhandelte, war von Schutzmaßnahmen für den Finanzsektor die Rede: Entscheidungen, die innerhalb der Eurozone getroffen werden, sollen keinen negativen Einfluss auf der Insel haben. Gleichzeitig will London mehr Einblick in die Arbeit der Eurogruppe haben - und künftig, wenn auch stimmlos, bei deren Sitzungen dabei sein.
Zu den umstrittenen Punkten gehörte bis zuletzt ebenfalls die Kontrolle der Finanzmärkte. So soll zwar die Bank of England zuständig für die Überwachung der Geldinstitute und Märkte im Vereinigten Königreich sein. Sie müsse aber die Anforderungen der "Gruppen-Aufsicht" berücksichtigen. Damit ist die Europäische Zentralbank gemeint, welche die Institute in der Eurozone überwacht.
Daran ist Großbritannien aber ebenso wenig interessiert wie an einer Beteiligung am Krisenmanagement der Eurozone: Zu finanziellen Rettungsaktionen möchte London nicht beitragen müssen. Das wäre ein schwerer Schlag für die nach der Finanzkrise ins Leben gerufene Bankenunion - die wäre dann weniger wert. Außerdem hätten britische Geldhäuser einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Banken der Eurozone, die Abgaben zu leisten haben.