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Zögerliche Zusammenarbeit

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Kommission drängt auf verstärkten Informationsaustausch zwischen nationalen Behörden.


Brüssel. Die U-Bahnfahrt endet nach wenigen Minuten. Gerade einmal zwei Stationen weit hat sich der Zug bewegt. Dann ist der Schuman-Platz mitten im EU-Viertel erreicht. Weiter geht es nicht: Die nächste Station ist Maelbeek, noch immer gesperrt, von der Polizei abgeriegelt, noch immer nicht aufgeräumt nach dem Terroranschlag des Vortages. Aber die Busse, Straßen- und U-Bahnen haben mittlerweile wieder ihren Betrieb aufgenommen. Doch an den Abgängen zur Metro stehen nun Grüppchen von Soldaten. Sie halten die Reisenden an, fordern diese auf, ihre Taschen zu öffnen, und werfen einen Blick hinein. Die Fahrgäste dürfen dann nur einen einzigen Zugang nehmen; die anderen sind abgesperrt.

Auf dem Schuman-Platz strömen kurz vor Mittag dutzende Menschen zum Kommissionsgebäude. Wie im Zentrum Brüssels, wo vor der alten Börse spontan eine Solidaritätskundgebungsstätte entstanden ist, ist hier eine Schweigeminute für die mindestens 31 Todesopfer der Attacken auf den Flughafen Zaventem und die Maelbeek-Station angesetzt. Doch die Menschen warten vergeblich vor dem Haus. Die Schweigeminute findet drinnen statt. Dort sind die Kommissare versammelt, Mitglieder der belgischen Regierung, das Königspaar und der französische Premier. Danach fährt eine Wagenkolonne zur U-Bahnstation, vor der die Politiker einen Blumenkranz niederlegen.

Register für Fluggast-Daten

Später, wieder im Kommissionsgebäude, dreht sich die Debatte einmal mehr um die Themen Sicherheit sowie Kampf gegen den Terrorismus. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos spricht in einer Pressekonferenz davon, auch Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls nach einem Treffen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Franzosen waren es auch, die nach dem Anschlag auf die Redaktion der Zeitschrift "Charlie Hebdo" vor gut einem Jahr sowie nach den Attacken in Paris im November besonders darauf gedrängt haben, den Informationsaustausch zwischen nationalen Behörden zu verbessern, die Weitergabe von Daten von Flugpassagieren zu ermöglichen.

Ein entsprechendes Abkommen haben die Europäer zwar mit den USA geschlossen. Doch ein EU-Register für die Angaben der Fluggäste für Reisen in die, aus und innerhalb der Union gibt es bisher nicht. Allerdings ist der Druck dazu im Vorjahr so gestiegen, dass mittlerweile eine Einigung zwischen den EU-Institutionen gelungen ist. So sollen künftig die Informationen etwa über Reiseziele, Bank- oder Kreditkarten und Hotelbuchungen mit dem vollen Namen des Passagiers für sechs Monate festgehalten werden. Danach sollten die personenbezogenen Daten anonymisiert und viereinhalb Jahre lang gespeichert werden dürfen. Informationen, die eine Identifizierung des Fluggastes erlauben, wären dann nur noch für bestimmte Sicherheitsbeamte zugänglich. Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat den Vorschlag bereits angenommen, doch muss noch das Plenum des Abgeordnetenhauses seine Zustimmung geben.

Sondersitzung der EU-Minister

Daher konnte sich Kommissar Avramopoulos mit Kritik an der zögerlichen Realisierung von gemeinsam entworfenen Plänen nicht zurückhalten. "Wenn wir alles, was wir im Vorjahr beschlossen haben, voll umgesetzt hätten, hätten wir der Situation in Brüssel effizienter begegnen können", erklärte er. Auch Valls forderte rascheres Handeln der Europäer.

Das sollte nicht nur bei der Weitergabe von Fluggast-Daten passieren, sondern auch beim Austausch von Informationen zwischen den Geheimdiensten. Auch dafür wurden schon Maßnahmen beschlossen, etwa eine Stärkung der EU-Organisation Europol, die als Schnittstelle für die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden dienen soll. Doch nicht alle Mitgliedstaaten nutzen die Möglichkeit: Nach Angaben der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner liefern nur fünf Länder Informationen in die gemeinsame Datenbank.

Die Politikerin kann das - gemeinsam mit Justizminister Wolfgang Brandstetter - im Kreis ihrer Amtskollegen schon am heutigen Donnerstag thematisieren. Angesetzt wurde nämlich ein Sondertreffen der für Innere Sicherheit zuständigen Ressortleiter.