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"Wir haben ein Signal gesendet"

Von Siobhán Geets

Politik
Verteidigungsminister Zoran Jolevski geht davon aus, dass Mazedonien demnächst der Nato beitreten wird.
© HBF/Minich

Mazedoniens Verteidigungsminister Zoran Jolevski über die Schließung der Balkanroute, | die Verhandlungen mit der EU und der Nato und die Beziehungen zu Griechenland.


"Wiener Zeitung": Wie zufrieden sind Sie mit der Kooperation zwischen der Republik Mazedonien und den EU-Staaten?Zoran Jolevski: Ich bin sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit Österreich sowie mit Slowenien, Kroatien und Serbien. In dieser riesigen Migrationskrise müssen wir uns koordinieren, wir brauchen eine Strategie. Ich bin dankbar für die österreichische Hilfe, speziell im politischen Sinn. Es war uns sehr wichtig, zusammen mit den anderen Verteidigungsministern nach Wien eingeladen zu werden. Uns Staaten auf der sogenannten Balkanroute ist es wichtig, gehört zu werden und Freunde zu haben, die uns ernst nehmen. Wir Mazedonier schützen den Schengenraum. Die Migranten kommen ja nicht zu uns, sie wollen weiter in die EU.

Mit der Schließung der Balkanroute ist dem vorerst ein Ende gesetzt.

Wir haben ein Signal gesendet: Wir müssen unterscheiden zwischen jenen, die Hilfe brauchen, und den Wirtschaftsmigranten. In der zweiten Jahreshälfte 2015 kamen viele Marokkaner über die Türkei nach Griechenland und Mazedonien. Die Migranten folgen keiner geografischen Logik, sie suchen sich den Weg, über den sie am leichtesten in die EU kommen. Migranten sind wie Wasser. Sie finden einen Weg.

Wie sehen Sie die österreichische Strategie in der Krise im Vergleich mit der Deutschlands?

Als Minister kann ich das nicht kommentieren, aber: Die österreichische Position ist sehr hilfreich für uns alle, nicht nur für Mazedonien. Ich war oft an der Grenze und habe gesehen, dass Migranten, sobald sie von Griechenland nach Mazedonien kommen, ihre Handys auspacken und ihre Verwandten anrufen. Wenn sie sehen, dass die Route offen ist, kommen immer mehr Menschen. Jetzt haben wir die Botschaft gesendet, dass dieser Weg gesperrt ist. Damit helfen wir auch Griechenland.

Und Deutschland? Der mazedonische Präsident Djordje Ivanov hat Deutschlands Kurs in der Flüchtlingspolitik kritisiert: Mazedonien werde alleine gelassen.

Ich kann nur sagen, dass wir in Europa zusammenarbeiten müssen. Die Strategie darf nicht nur ein paar Mitgliedstaaten umfassen. Wir müssen auch mit der Türkei zusammenarbeiten und uns um die Fluchtursachen kümmern, in Syrien und im Irak daran arbeiten, dass die Menschen gar nicht erst kommen müssen. Diese Krise zeigt, dass Europa seinen Ruf nach Frieden und Freiheit fortsetzen muss. Dazu gehört auch die EU-Mitgliedschaft Mazedoniens, Montenegros, Bosniens und Serbiens. Hier spielt Deutschland eine wichtige Rolle als Motor für die Integration Europas.

Hat Mazedoniens Rolle in der Krise die Verhandlungsposition bei der EU-Annäherung gestärkt?

Nicht, was konkrete Schritte betrifft, aber wir konnten vermitteln, dass wir ein verlässlicher Partner für die EU sind, der es verdient hat, EU und Nato beizutreten. Wir wollen nicht um Mitgliedschaft bitten müssen, denn wir haben jetzt gezeigt, dass man sich auf uns verlassen kann.

Wie steht es mit den griechisch-mazedonischen Beziehungen? Ich denke an die Situation an der Grenze und an den Namensstreit mit Griechenland.

Das Gute an der Krise ist, dass wir unsere Beziehungen mit Griechenland gestärkt haben. Wir kooperieren jetzt besser. Wir sind Nachbarn und stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Ich war sechs Jahre lang als Chefverhandler mit dem Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland betraut. Ich kann Ihnen versichern, dass Mazedonien sich weiter im UN-Prozess für eine gemeinsame Lösung engagieren wird. Wir müssen dabei die Würde und Identität der Mazedonier bewahren.

Wegen des Namensstreits hat Griechenland 2008 den Nato-Beitritt Mazedoniens verhindert. Gibt es deshalb nach wie vor böses Blut?

In einem Beschluss des Internationalen Gerichtshofs wird klar, dass Griechenland seine internationalen Verpflichtungen verletzt hat, indem es eine Nato-Mitgliedschaft Mazedoniens verhindert hat. Eine Mitgliedschaft Mazedoniens wäre aber gut für Land und Region, für Europa und auch für Griechenland.

Sind Sie optimistisch, dass Mazedonien bald der Nato beitreten kann?

Ich rechne damit, dass wir beim nächsten Nato-Gipfel in Warschau eine Einladung zur Mitgliedschaft erhalten werden. Unser Ziel ist eine Mitgliedschaft sowohl bei der Nato als auch bei der EU. Die Annäherung an die EU dauert Jahre, es werden sich in dieser Zeit viele Möglichkeiten bieten, zu einer Einigung mit Griechenland zu kommen.