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Don Camillo, Peppone und die Bosse

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Rom. Auf dem schönen Dorfplatz von Brescello ist die Welt noch in Ordnung. Vor der weißen Kirche hebt Don Camillo die Hand zum Gruß, vor dem Rathaus schwenkt Peppone den Hut. Der schlitzohrige Pfarrer und der kommunistische Bürgermeister, deren Bronzestatuen den Ort in der Emilia-Romagna schmücken, haben Millionen Leser und Fernsehzuschauer beglückt. Giovannino Guareschi prägte mit seinen Erzählungen das Bild Italiens in der Nachkriegszeit. Damals kreiste das Leben um Kirche und Arbeit. Heute kommt man selbst in Brescello an der Mafia nicht vorbei.

Die italienische Regierung hat am Mittwoch den Gemeinderat von Brescello aufgelöst. Das nördlich der Stadt Parma gelegene Heimatdorf von Don Camillo und Peppone ist von der ’Ndrangheta, der aus Kalabrien stammenden Mafia unterwandert. Erfahrungsgemäß sind die Zustände erschreckend, wenn die Exekutive zu so einer drastischen Maßnahme greift. Seit 1991 war dies bei weit über 200 Kommunen in Italien notwendig, vor allem in den südlichen Regionen Kalabrien, Sizilien und Kompanien. In den letzten Jahren wurden auch Gemeinderäte in Ligurien, im Piemont und in der Lombardei aufgelöst.

Mafia auch in Norditalien

Jetzt hat es mit dem 5600-Einwohner-Dorf Brescello erstmals auch eine Kommune in der produktiven Emilia-Romagna getroffen. Damit ist nicht nur das italienische Dorf-Idyll aus dem Film überholt. Die Auflösung des Gemeinderats von Brescello und seine demnächst beginnende, 18 Monate dauernde Verwaltung durch drei Kommissare ist ein Weckruf: Selbst im scheinbar intakten italienischen Norden ist längst Misstrauen angebracht. Die Mafia hat auch da ihre Hände im Spiel, wo man sie nicht vermuten sollte.

Gleichwohl ist bekannt, dass die ’Ndrangheta seit Jahrzehnten illegale Geschäfte in der Emilia-Romagna macht. In Brescello sind zahlreiche Mitglieder des Clans Grande Aracri ansässig. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Operation "Aemilia" und ein derzeit in Reggio Emilia laufender Mega-Prozess gegen 147 Angeklagte werfen ein Schlaglicht auf die Verhältnisse. Neu hingegen scheint die systematische Verquickung der Lokalpolitik, also der heutigen Peppones, zu sein.