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Athen unter Druck

Von Martyna Czarnowska aus Amsterdam

Politik

Internationale Kreditgeber drängen die griechische Regierung zu weiteren Zusagen.


Amsterdam. Die Atmosphäre zumindest, so scheint es, hat sich verbessert. Zwar erfordern die Verhandlungen der internationalen Kreditgeber mit dem schuldengeplagten Griechenland nun wieder zunehmend Kraft und Zeit. Doch zeigen sich die Gesprächspartner optimistisch, dass alle an einer konstruktiven Lösung arbeiten. Im Sommer des Vorjahres, bevor das dritte Hilfspaket geschnürt wurde, war da der Ton wesentlich schärfer. Gegenseitige Anschuldigungen prägten die Beratungen; und die Wogen der Empörung erreichten einen Höhepunkt, als Berlin den Vorschlag lancierte, Griechenlands Mitgliedschaft in der Euro-Zone zu suspendieren.

Davon war nun in Amsterdam, bei einem informellen Treffen der Finanzminister des Euro-Raums, keine Rede mehr. Stattdessen, immer wieder, von Fortschritten. Alle seien zuversichtlich, dass eine gemeinsame Lösung möglich sei, berichtete der österreichische Ressortleiter Hans Jörg Schelling. Die Situation sei eine andere als noch im Vorjahr, als "in hunderten Stunden Verhandlungen" nur noch wenige an eine Einigung mit Athen geglaubt hätten.

Jetzt soll in den kommenden Tagen ein Kompromiss fixiert werden, und wenn die Überprüfung der Reformpläne abgeschlossen ist, kann die Euro-Gruppe am Donnerstag nochmals zusammenkommen und eine Entscheidung fällen. Erst dann könnte eine weitere Kredittranche aus dem Hilfsprogramm mit einem Gesamtumfang von bis zu 86 Milliarden Euro überwiesen werden, wie es schon vor Monaten hätte geschehen sollen.

Notfallplan gefordert

Damit bleiben aber der Regierung in Athen nur wenige Tage, um die geforderten Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört ein Notfallplan, mit dem das Erreichen der Budgetziele für das Jahr 2018 gewährleistet werden soll. Zu dem Zeitpunkt soll Griechenland - nach Abzug der Zinszahlungen - einen Überschuss von 3,5 Prozent aufweisen. Das Szenario für den Notfall sollte zusätzliche Einsparungen in Höhe von zwei Prozent vorsehen.

Da ortete jedoch der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos rechtliche Schwierigkeiten. Nach den Gesetzen seines Landes sei es nicht möglich, einen bestimmten Betrag zu beschließen und diesen Beschluss daran zu knüpfen, dass Jahre später eine bestimmte Situation auftrete.

Zu klären gilt aber auch, wie die Geldgeber aus der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) dem Land bei der Reduzierung der Verschuldung entgegenkommen können, die gemessen an der Wirtschaftsleistung bei 177 Prozent liegt. Auf die Notwendigkeit einer Schuldenerleichterung hat Tsakalotos wiederholt hingewiesen.

Allerdings kommt ein Schuldenschnitt für die meisten Euro-Länder nicht in Frage. Das betonte der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, nach der Ministersitzung. IWF-Direktorin Christine Lagarde hörte dies gern. Denn auch der Währungsfonds spricht sich gegen das Erlassen von Schulden aus. Und seine Unterstützung des Hilfsprogramms ist vor allem Deutschland ein Anliegen.

Eine Umgestaltung der Schuldenstruktur will Lagarde hingegen - ebenso wie Dijsselbloem - nicht ausschließen. Möglichkeiten dazu sind Zinssenkungen, eine Verlängerung von Laufzeiten und Aufschübe bei der Rückzahlung der Kredite.

Einnehmen und sparen

Die Auszahlung weiterer Mittel aus dem Hilfspaket - spekuliert wird über eine Tranche in Höhe von rund fünf Milliarden Euro - ist jedenfalls an die Umsetzung von Reformen gekoppelt, die im vergangenen Sommer vereinbart wurden. Das wiederum bringt mit sich, dass die Regierung in Athen selbst mehr Geld einnehmen und sparen muss. Die Einnahmen sollen sich aus Steuererhöhungen ergeben sowie einer Senkung des steuerfreien Betrags auf 5000 Euro. Bisher war dieser fast doppelt so hoch. Zusätzliche - indirekte - Abgaben soll es bei Tabakprodukten, Treibstoff oder beim Mobilfunk geben. Das alles soll an die 3,5 Milliarden Euro bringen.

Privatisierungen sollen ebenfalls mehr Geld in die Staatskasse spülen. Diskutiert wird derzeit der Verkauf der Wassergesellschaften von Athen und Thessaloniki.

Umgekehrt sollen Einsparungen vor allem mit einer Pensionsreform erreicht werden. Zu den Kürzungen könnte es noch eine stufenweise Abschaffung einer Zusatzpension geben, die etwa ein Viertel des Einkommens der Menschen im Ruhestand ausmacht. Außerdem wird eine Obergrenze bei den Bezügen gesetzt: Der Höchstbetrag soll bei 2300 Euro liegen beziehungsweise bei 3000 Euro, wenn jemand mehrere Pensionen erhält. Das Sparpotenzial bei diesen Maßnahmen beziffern griechische Medien mit knapp zwei Milliarden Euro.

Um die Realisierung der Vorhaben sicherzustellen, wollen die Kreditgeber ihren Druck aufrechterhalten. Schon warnte daher der Direktor des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, vor einer zunehmend angespannten Lage der griechischen Finanzen. Der ESM aber ist es, der die Geldmittel für Athen bereitstellt.