Luxemburg. Ersehnt wie umstritten: Die Aufhebung der Visumspflicht für knapp 130 Millionen Menschen sorgt in der EU weiterhin für heftige Debatten. Die Türkei, Ukraine, Georgien und der Kosovo drängen auf Reisefreiheit für ihre Bürger, doch müssen sie sich vorerst gedulden. Denn bei ihrem Treffen in Luxemburg vertagten die Innenminister der Union eine Entscheidung dazu. Dabei hat die EU-Kommission Kiew und Tiflis bescheinigt, die Voraussetzungen für die Visabefreiung zu erfüllen. Für Pristina und Ankara gilt dies mit Einschränkungen. So muss der Kosovo noch ein Grenzabkommen mit Montenegro regeln. Die Türkei wiederum müsste unter anderem ihre Anti-Terror-Gesetze ändern - was sie bereits abgelehnt hat.
Das bringt die Europäer in eine verzwickte Lage. Denn das Abkommen, das sie mit der Türkei für einen besseren Grenzschutz und zur Rücknahme von Flüchtlingen geschlossen hatten, sieht auch eine Beschleunigung des Prozesses der Visaliberalisierung vor. Im Gespräch war schon, dass ab dem kommenden Monat die Hürden wegfallen sollten. Davon ist nun nicht mehr die Rede - was bereits Drohungen aus Ankara zur Folge hatte. Die Flüchtlingsvereinbarung könnte obsolet werden, hieß es dort.
Bedenken zu Georgien
Auch für Georgien schien die Reisefreiheit schon einmal näher gewesen zu sein. Ein paar Mitgliedstaaten hegen nämlich Bedenken. In Deutschland etwa warnten zuletzt CDU- und CSU-Politiker vor einer "voreiligen" Entscheidung. Sie verwiesen auf Statistiken des Bundeskriminalamtes, wonach hinter einem Teil von Wohnungseinbrüchen Mitglieder der georgischen Mafia stecken.
Für Österreich könne er das zwar nicht bestätigen, erklärte Innenminister Wolfgang Sobotka. Dennoch äußerte er Verständnis für die Skepsis der Nachbarn. Neben der Erfüllung aller Bedingungen für die Visafreiheit sei eben auch der Aussetzungs-Mechanismus wichtig, auf den Berlin pocht.
Diesen haben die Länder bereits beschlossen, und in den kommenden Wochen soll die Zustimmung des EU-Parlaments folgen. Es geht dabei um eine Notfall-Maßnahme, die es den EU-Staaten erlaubt, für ein halbes Jahr wieder die Visumspflicht einzuführen. Diese Möglichkeit gibt es schon jetzt, doch soll sie künftig leichter zu ergreifen sein. Gründe dafür können ein Anstieg von Asylanträgen sein oder mangelnde Kooperation der Partnerländer bei der Rücknahme von Flüchtlingen, die in der EU keinen Anspruch auf Asyl haben. Der Beobachtungszeitraum dafür wurde gekürzt: Schon nach zwei Monaten können die Mitgliedstaaten ihre Einwände an die Kommission melden.