Angst vor der Krise

Die Konservativen hätten die guten Wahlprognosen für Unidos Podemos genutzt, um die Wahlkampagne zu einem ideologischen Krieg gegen die Linkspopulisten zu machen, meint Michavila.

Wochenlang wetterte Rajoy, Podemos, eine Schwesterpartei der griechischen Syriza, werde durch ihre linksextremen Ideen und fehlende Regierungserfahrung die zaghafte Wirtschaftserholung in Gefahr bringen. Das machte vielen Spanier Angst. Wie könnte es auch anders sein in einem Land, das nach acht harten Krisenjahren immer noch mit einer Arbeitslosenquote von 22 Prozent zu kämpfen hat? Und dann kam nur drei Tage vor den Wahlen die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen. "Das war der perfekte Sturm für die Konservativen, um Unidos Podemos anzugreifen. Der Brexit gab Rajoys Angstkampagne im Endspurt noch mal große Überzeugungskraft", so Politologe Pablo Simón. Geschickt wies Rajoy darauf hin, wie wichtig es in für Europa turbulenten Zeiten sei, eine erfahrene und gemäßigte Regierung zu haben, die politisch nach Berlin und Brüssel schaue und nicht nach Griechenland und Venezuela.

Referendum als "Katastrophe"

Auch den Sozialisten gab der Brexit neue Munition, um die immer populärer werdende Bedrohung von Links zu bombardieren. Genussvoll erinnerte Sozialistenchef Sánchez die Spanier daran, dass Podemos ein Unabhängigkeitsreferendum in Spaniens wirtschaftsstärkster Region Katalonien befürwortet: "Wir haben in Großbritannien gerade erst gesehen, zu welchen Katastrophen Referenden führen können."

Doch trotz des überraschend klaren Siegs der Konservativen ist nicht klar, wer die Geschicke Spaniens lenken wird. Am Montag bot Rajoy den Sozialisten zwar erneut eine große Koalition an. Doch Sánchez winkte ab. Das Kräfteverhältnis zwischen dem linken und rechten Block im Parlament ist fast unverändert. Dieses Patt führte bereits nach den Wahlen vor sechs Monaten zur politischen Blockade und zu Neuwahlen. So dürfte die politische Hängepartie in Spanien nun vorerst weitergehen.

Auch Podemos-Spitzenkandidat Pablo Iglesias reichte den Sozialisten die Hand. "Wir können mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein. Doch unser Weg endet nicht hier. Früher oder später werden wir in Spanien regieren und dem Neoliberalismus und der Austeritätspolitik Europas die Stirn bieten", schmettert Iglesias der Masse entgegen. Julio Gómez hebt lustlos den linken Arm in die Höhe und sagt mehr zu sich selbst: "Si se puede."