Brüssel/Bratislava/Straßburg. (czar/apa/reu) Es gibt "im Moment keinen politischen Konsens". Sogar der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka muss sich in Realismus üben, wenn es um eine Quote zur Umsiedlung von Flüchtlingen innerhalb der Union geht. Mehr als ein Jahr ist verstrichen, seit die EU-Kommission ihre Vorschläge zu einem Verteilungsschlüssel für Asylwerber präsentiert hat. Und der Widerstand einiger Länder dagegen ist seitdem kaum geringer geworden.

Das mussten auch jene Staaten, die die Idee befürworten - darunter Deutschland und Österreich - einsehen. Längst hat sich der Schwerpunkt der Debatte zu Lösungen für die Flüchtlingskrise daher auf Überlegungen zu einem verstärkten Schutz der Außengrenzen der Union verlagert.

Das zeigte sich auch bei einem Treffen der Innenminister der EU in Bratislava. Vor gut einer Woche hat die Slowakei den EU-Vorsitz übernommen, und gerade sie hat - ebenso wie Ungarn - gegen einen EU-Beschluss zur Umsiedlung von Schutzsuchenden von Griechenland und Italien aus vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Das blieb bei der Ministersitzung denn auch nicht unerwähnt. Es wäre "nicht zu viel verlangt, ein paar tausend Flüchtlinge aufzunehmen", kommentierte der deutsche Ressortleiter Thomas de Maiziere die Reaktion der Slowaken auf die EU-Pläne.

Sein slowakischer Amtskollege Robert Kalinak hingegen will die Prioritäten anders setzen: Der gemeinsame Grenz- und Küstenschutz sowie eine erfolgreiche Abschiebepolitik stünden im Vordergrund. Dem ersten Ziel ist die EU tatsächlich bereits nahe gekommen, und das in nur wenigen Monaten. Schon ab Herbst könnten die Beschlüsse dazu umgesetzt werden; am Mittwoch hat das EU-Parlament bei seiner Plenarsitzung in Straßburg das Vorhaben gebilligt.

Dieses sieht vor, die Agentur Frontex auszubauen und mit mehr Kompetenzen auszustatten. Einsätze an den Außengrenzen des Schengen-Raums - in dem Reisen ohne Passkontrollen möglich ist - können künftig im Notfall auch ohne die Zustimmung des jeweiligen Mitgliedslandes gestartet werden. Ein Eingreifen in dem Staat ist gegen dessen Willen allerdings nicht möglich. Für derartige Krisensituationen sollen die Länder Personal zur Verfügung stellen: Bis zu 1500 Grenzschutzbeamte sollen innerhalb weniger Tage zusammengezogen werden können.

Schleppende Umsiedlung

Die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU verläuft hingegen auch außerhalb der Slowakei nur schleppend. Statt mehr als 100.000 Menschen, wie beschlossen wurde, sind bis Mitte Juni erst knapp 2300 Asylwerber umgesiedelt worden. Österreich hat noch gar keine freien Plätze angemeldet, ist aber von der Aufnahme vorübergehend befreit.

In Bratislava plädierte Sobotka dafür, "andere, freiwillige Formen der Solidarität zuzulassen und anzuerkennen". Als Beispiel nannte er die Unterbringung hunderter Asylwerber in der slowakischen Stadt Gabcikovo. Dort werden die Menschen zwar versorgt, ihr Verfahren aber läuft in Österreich. Die Kommission könnte mehr solch "flexible Modelle erarbeiten", befand Sobotka.