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Wo steht Theresa May denn nun in Sachen Brexit?

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik
Keine klare Linie: Die Strategie von May bleibt geheim.
© reu/Vidal

Die Premierministerin warnte bei einem vertraulichen Treffen vor genau den Konsequenzen, auf die sie jetzt mit einem harten Exit zustürmt.


London. Gelächter und höhnische Kommentare hat sich am Mittwoch in Westminster Premierministerin Theresa May mit der Beteuerung eingehandelt, das Fernziel beim EU-Austritt ihres Landes sei für sie immer "vollkommen klar" gewesen. Nicht einmal in der eigenen Partei nimmt man May eine solche "klare" Linie ab.

Niemand wisse, hieß es von der Opposition sehr deutlich, ob May nun für britischen Verbleib im EU-Binnenmarkt oder für eine komplette Trennung von der Union sei - nachdem sie vor fünf Monaten noch nachdrücklich vor einer Aufkündigung der EU-Mitgliedschaft überhaupt gewarnt hatte.

Eben diese Warnung, die May kurz vor dem Referendum bei einer vertraulichen Zusammenkunft mit Goldman-Sachs-Bankleuten aussprach, war diese Woche in Form eines heimlichen Mitschnitts die de m Guardian zugespielt worden. Aus der Aufzeichnung geht hervor, dass May, damals Innenministerin, den Bankern erklärte, für das UK sei es von größter Bedeutung, "dass wir Teil eines Handelsblocks von 500 Millionen Menschen sind". Freier Zugang zur EU via London veranlasse "eine Menge Leute", in Großbritannien zu investieren, sagte May damals. "Wenn wir nicht in Europa wären, gäbe es sicher Unternehmen, die sich fragen würden, bräuchten wir eine Präsenz nicht eher auf dem europäischen Kontinent als im UK?"

Genau diese Frage aber scheint in jüngster Zeit immer mehr Firmen und Banken zu beschäftigen, nachdem May mit ausdrücklichem Beharren auf Einwanderungs-Kontrollen, kategorischer Ablehnung europäischer Gerichtsbarkeit und fortwährendem Schweigen zur Zukunft von EU-Bürgern in Großbritannien einen "harten Brexit" in Aussicht gestellt hat.

Auf dem Konservativen Parteitag in Birmingham Anfang des Monats hatte sie erklärt, das Ende der Freizügigkeit zwischen Britannien und EU entspräche eben dem Wählerwillen. Dies habe für sie absolute "Priorität".

In der Folge dieser Erklärung war das Pfund erneut abgesackt und erhebliche Unruhe in Wirtschaftskreisen aufgekommen. In der City of London, dem Finanzzentrum der Insel, haben Mays ursprüngliche Warnungen Resonanz bei immer mehr Bankern gefunden. Der Branchenverband TheCityUK prophezeit den Verlust von bis zu 70.000 Jobs im Finanzgewerbe, falls in London ansässige Banken ihre Operationsfähigkeit in der EU verlieren.