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Auf dem Weg zur Energiewende

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Kommission sieht Ziele zum besseren Klimaschutz in Reichweite der meisten Mitgliedstaaten.


Brüssel. Europa braucht Erfolgsgeschichten? Bitte sehr, da sei eine: die Energieunion. So stellte es zumindest der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic dar, als er den aktuellen Bericht dazu präsentierte. Die Gemeinschaft sei "auf einem guten Weg", die sich selbst gesteckten Ziele bis zum Jahr 2020 zu erreichen, befand der Vizepräsident der Brüsseler Behörde. Das gelte vor allem für die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen oder die Nutzung erneuerbarer Energien. Deren Anteil beim Endverbrauch beträgt derzeit etwas mehr als 16 Prozent. In drei Jahren soll er auf ein Fünftel ansteigen, wobei diese Vorgabe je nach Ländergröße unterschiedlich aufgeteilt wird.

Zwar müssten einige Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen dafür fortsetzen, doch seien die meisten auf dem "richten Kurs", wie es in dem Bericht heißt. Zufrieden zeigen sich die Autoren auch mit der Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes - und der Entkopplung vom Wirtschaftswachstum. Denn während das Bruttoinlandsprodukt der Union im Zeitraum 1990 bis 2015 um die Hälfte gestiegen ist, gingen die Emissionen um 22 Prozent zurück.

Abhängig von Importen

Es gehe nämlich nicht nur um Energie- und Klimapolitik, betonte Sefcovic. Auch eine Modernisierung der europäischen Wirtschaft sei das Ziel. Die hat freilich ihren Preis. In die Energiewende in Europa müssten nach Schätzungen der Kommission zwischen 2020 und 2030 fast 380 Milliarden Euro investiert werden - und das jährlich. Dafür müssten private und öffentliche Finanzierungsmöglichkeiten mobilisiert sowie Fehlinvestitionen vermieden werden, meinte der EU-Kommissar. Doch würde sich die Union umgekehrt dutzende Milliarden Euro ersparen, die sie bisher für die Importe von Gas und fossilen Brennstoffen zahlt.

Denn die Energieunion soll nicht nur den Binnenmarkt der Gemeinschaft stärken, sondern hat auch einen externen Aspekt. Sie soll nicht zuletzt dazu dienen, die Abhängigkeit der Europäer von Gaslieferungen aus dem Ausland, vor allem aus Russland, zu verringern. Von dort bezieht die EU immerhin rund ein Drittel ihrer Importe. Um dies zu ändern, wird seit Jahren die Notwendigkeit der Diversifizierung unterstrichen, einer Verbreiterung der Quellen und Anbieter. Und je mehr Energie die Gemeinschaft selbst erzeugt oder spart, umso weniger ist sie auf Lieferanten von außen angewiesen.

Auch in diesem Bereich ortet Sefcovic Fortschritte. So würden 22 Mitgliedstaaten mittlerweile weniger Gas importieren als zuvor. Die Gründe seien ein gesunkener Verbrauch insgesamt und gleichzeitig ein gestiegener Anteil an erneuerbaren Energien.

Kohle und Atomkraft

Das fällt allerdings nicht allen Ländern leicht. Polen beispielsweise gewinnt noch immer einen Großteil seines Stroms aus Kohle, und die Umstellung auf erneuerbare Energien gehört nicht zu den Prioritäten der Regierung. Hinzu kommt, dass in etlichen Privathaushalten noch immer mit Öfen geheizt wird, in die oft beliebiges brennbares Material geschoben wird. In einigen Städten führte das in diesem Winter bereits zu Luftverschmutzungswerten, die zeitweise höher waren als jene Pekings. Polen wehrte sich trotzdem lange Zeit gegen strenge Vorgaben zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen.

Für Zwist in der EU sorgt ebenfalls regelmäßig die Nutzung von Nuklearenergie. Österreich etwa kritisiert immer wieder die Pläne der Nachbarn Tschechien und Ungarn zum Ausbau von Atomkraftwerken. Andere Länder setzen ebenfalls auf Atomenergie: Frankreich stillt damit den Großteil seines Verbrauchs. Verbieten will die EU-Kommission solche Quellen keineswegs, und dass dafür EU-Förderungen verwendet werden, kann sie ebenso wenig ausschließen. Wie ein Land seinen Energiemix gestalte, sei seine eigene Angelegenheit, betont die Behörde immer wieder.