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Im Visier der Wettbewerbshüter

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Die von der EU-Kommission verhängten Geldbußen für Kartelle kletterten im Vorjahr auf Rekordhöhe.


Brüssel. Nun hat es Autobatterien-Recyclingbetriebe erwischt. Vier Firmen, die diese Teile gebraucht aufkaufen, haben ein Kartell gebildet - und drei davon müssen dafür eine Strafe zahlen. Das vierte, das US-Unternehmen Johnson Controls, kommt ohne Geldbuße davon. Es hat nämlich die EU-Kommission von der Existenz des Kartells informiert. Es handelt sich um eine Art Kronzeugen-Regelung, die der Brüsseler Behörde beim Aufspüren illegaler Preisabsprachen hilft. Gegen die anderen drei Recyclingbetriebe, Campine aus Belgien, Eco-Bat Technologies aus Großbritannien sowie Recylex aus Frankreich, wurde eine Strafe in Höhe von knapp 68 Millionen Euro verhängt. Ihnen wird vorgeworfen, in mehreren EU-Ländern die Preise für gebrauchte Bleiakkus festgesetzt zu haben. Doch anders als bei den meisten Kartellen, die ihre Verkaufspreise erhöhen wollen, ging es um die Senkung der Einkaufspreise gegenüber Schrotthändlern und -sammlern.

Es ist der jüngste, am Mittwoch veröffentlichte Fall, in dem die Kommission befunden hatte, dass Unternehmen ein Kartell gebildet und damit den europäischen Wettbewerb verzerrt hätten. Denn wenn Firmen Absprachen treffen, um die Preise zu drücken oder ihre Gewinne zu maximieren, dann schränken sie die Möglichkeiten ihrer Konkurrenten ein, argumentiert die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager. Die Dänin hat eines der Schlüsselressorts in der Behörde übernommen; sie geht nicht nur gegen Kartelle, sondern auch gegen US-Konzerne wie Amazon oder Google wegen Steuerabsprachen und Monopolbildung vor.

Und die Geldbußen, die die EU-Wettbewerbshüter verhängt haben, waren im Vorjahr so hoch wie nie zuvor. Die Strafen beliefen sich auf fast 3,73 Milliarden Euro - was ungefähr zehn Mal so viel ist wie im Jahr 2015. Seit 2013 summierten sie sich bis jetzt auf 7,5 Milliarden Euro; seit 1990 sind es rund 23,5 Milliarden Euro, wie aus Kommissionsangaben hervorgeht. Das Geld müsste innerhalb von drei Monaten überwiesen werden und fließt in den gemeinsamen EU-Haushalt.

Strafen für Lkw-Hersteller

Die höchste Buße, die auch zum Rekordwert im Vorjahr führte, wurde gegen ein Lkw-Kartell aus mehreren Konzernen verhängt, die unter anderem die Verkaufspreise für mittelschwere und schwere Lastwagen untereinander abgesprochen haben. Der Betrag, berechnet nach dem Jahresumsatz der Unternehmen und der Dauer der Absprachen, machte beinahe drei Milliarden Euro aus. Allein der deutsche Hersteller Daimler muss eine Milliarde Euro zahlen. Vom US-Produzenten Paccar, dessen Lastwagen unter der Marke DAF fahren, waren rund 753 Millionen Euro gefordert.

Die zweithöchste Strafe mussten 2012 führende Hersteller von Fernseh- und Computerbildschirmen wie Philips oder LG Electronics hinnehmen. Die Forderung belief sich auf 1,4 Milliarden Euro. Nur etwas weniger betrugen Strafen gegen mehrere Finanzinstitute wegen der Manipulation von Zinssätzen wie dem Libor.

Österreichische Unternehmen befinden sich nicht unter den zehn Firmen mit den höchsten Bußen, die von rund 400 Millionen Euro bis zu einer Milliarde Euro reichten. Doch waren schon einige in Kartellverfahren verwickelt. Dazu gehörten etwa die ÖBB, die 2015 rund 17,4 Millionen Euro zahlen mussten oder die Voestalpine, deren Strafe nach einem Spruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf 7,5 Millionen Euro herabgesetzt wurde.

Denn immer wieder klagen Unternehmen gegen die Bußen, mit unterschiedlichem Erfolg. Erst Ende Jänner hat der EuGH die Beschwerde mehrerer Badezimmerausstatter - unter anderem Villeroy & Boch Austria - abgewiesen. Die in Österreich ansässige Firma erhielt eine Strafe in Höhe von rund 54 Millionen Euro.