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"Ein wolkenfreies Verhältnis"

Von Katharina Pawelka-Schmidt aus Bern

Politik

Wechselseitige Zuneigung beim ersten Staatsbesuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Schweiz.


Bern. Ein letztes Wischen über die schwarzen Stiefel, der Kommandant richtet den Soldaten noch rasch den Kragen. Dann ist es so weit: Alexander Van der Bellens Limousine fährt auf dem Platz vor dem Berner Münster vor. Mit militärischen Ehren empfangen wurde der neue österreichische Bundespräsident am Donnerstagvormittag von seiner Schweizer Amtskollegin Doris Leuthard. Die 53-jährige Christdemokratin ist Ministerin für Umwelt, Energie, Verkehr und Kommunikation und übernimmt derzeit turnusmäßig die Repräsentationsaufgaben des Bundesrats.

Nach seiner Brüssel-Reise Anfang der Woche ist der zweitägige Besuch in der Schweiz der erste bilaterale Besuch des erst vor wenigen Wochen angelobten Van der Bellen. Dass der erste Besuch eines österreichischen Bundespräsidenten traditionell in das freundschaftlich eng verbundene Nachbarland führt, sei ein Gerücht, dass sich nur in Österreich hartnäckig halten würde, berichteten Schweizer Medien am Donnerstag. Tatsächlich ging Heinz Fischers erste Auslandsreise nach Ungarn, Thomas Klestil war zuerst in Tschechien, Kurt Waldheim in Jordanien. Das Gerücht gibt es übrigens auch für die jeweiligen Regierungschefs und die Außenminister. Gestimmt hat es offenbar noch nie wirklich, klar ist aber, dass zumindest einer der ersten Auslandsbesuche stets zu den Eidgenossen führt - Leopold Figl soll 1946 zuerst in die Schweiz gereist sein, um seine Dankbarkeit für die Unterstützung nach dem Weltkrieg auszudrücken.

Tradition hin oder her: Für Van der Bellen war es das erste Mal. Nach den Klängen der Bundeshymnen beider Länder und einer freundlichen wechselseitigen Vorstellung der Delegationen ging es zum Arbeitsgespräch mit Leuthard, dem auf dem Weg zur Münchner Sicherheitskonferenz mitgereisten Außenminister Sebastian Kurz und Botschafterin Ursula Plassnik.

Nach dem Gespräch betonte die Schweizer Bundespräsidentin, der Besuch sei ein "Ausdruck der engen Verbundenheit" der beiden "stabilen, neutralen und mittelgroßen Staaten". Angesichts dieser Gemeinsamkeiten sei es daher umso wichtiger, dass "wir uns in einer Welt der Unsicherheit austauschen".

"Starkes, stabiles Europa"

Im Mittelpunkt des knapp zweistündigen Gesprächs standen aktuelle Themen wie die Europa- und Migrationspolitik sowie Österreichs Vorsitz in der OSZE. "Wir brauchen ein starkes, stabiles Europa", sagte Leuthard. Dessen Säulen - nämlich die Freizügigkeit von Personen, Waren und Dienstleistungen - müssten erhalten bleiben. Lob fand die Schweizer Bundespräsidentin naturgemäß für die österreichischen Grenzmaßnahmen: Diese führten dazu, dass auch die Zahl der Asylsuchenden in der Schweiz derzeit niedrig sei. "Das bleibt aber ein wichtiges Thema, hier braucht es eine Stimme in Europa."

Auch Van der Bellen legte den Fokus auf die enge Verbundenheit zwischen den beiden Staaten. Das Verhältnis zwischen Österreich und der Schweiz sei "eng, vertrauensvoll und wolkenfrei". Das liege auch daran, dass viele Österreicher in der Schweiz leben und arbeiten - "diese engen wirtschaftlichen Verbindungen sind von beiderseitigem Vorteil". Auch betonte der Bundespräsident die gegenseitige Unterstützung auf dem internationalen Parkett: Die Schweiz unterstütze Österreichs OSZE-Vorsitz, und Österreich werde dem Nachbarn bei seiner Kandidatur für den UN-Sicherheitsrat assistieren.

Lernen von der Schweiz

Für Lacher sorgte der Bundespräsident, als er mit Blick auf die Ski-WM in St. Moritz gewohnt schelmisch meinte, sogar im Sport würde man den Schweizern jede Medaille gönnen - wenn auch schweren Herzens. Doch auch sonst könne Österreich von dem Nachbarland lernen, etwa was die Kooperation zwischen Unternehmen und Forschung betreffe. Deswegen wird der ehemalige Wirtschaftsprofessor auch auf seine eigene Initiative hin am Freitag zum Pharmaunternehmen Roche nach Basel reisen und der ETH Zürich einen Besuch abstatten. Zurück auf sein gewohntes Terrain.