Zum Hauptinhalt springen

Österreich droht EU-Geldstrafe

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Kommission fordert Buße in Höhe von fast 30 Millionen Euro wegen falscher Budgetangaben aus Salzburg.


Brüssel/Wien. Strafen in Millionen-Euro-Höhe wegen Zahlentricksereien: Das droht nicht etwa dem berühmtesten Jongleur mit Haushaltsstatistiken, Griechenland, dem der Vorwurf anhaftet, sich mit falschen Angaben zu seinem Budget in die Euro-Zone geschummelt zu haben. Es ist vielmehr Österreich, auf das eine Geldbuße zukommt. Die EU-Kommission empfiehlt eine Strafzahlung in Höhe von 29,8 Millionen Euro. Denn die Salzburger Landesregierung habe sich "schwerer Fahrlässigkeit" bei den Statistiken schuldig gemacht, argumentierte die zuständige Kommissarin Marianne Thyssen.

Es geht um Nachwehen des Salzburger Finanzskandals. 2012 wurde bekannt, dass eine Mitarbeiterin der Finanzabteilung des Bundeslandes spekulative Geschäfte vorgenommen und damit einen millionenschweren Schaden verursacht hatte. Auswirkungen hatte das auch auf die Darstellung des österreichischen Budgetdefizits und Schuldenstands - und diese falschen Daten wurden 2012 und 2013 an das EU-Amt Eurostat weitergeleitet. Erst 2014 seien die Angaben korrigiert worden, doch hätten die österreichischen Behörden - unter anderem die Statistik Austria - laut dem Bericht der Kommission schon zuvor Kenntnis von den Falschmeldungen gehabt.

Allerdings hätten die Beamten später bei der Untersuchung durch die EU "umfassend" mitgearbeitet und die Fehler bereinigt. Außerdem habe die unrichtige Darstellung "die Funktionsweise der gestärkten wirtschaftspolitischen Steuerung der Union nicht nennenswert beeinträchtigt". Die Überprüfung erfolgte nämlich im Rahmen des sogenannten europäischen Semesters, in dem das Haushaltsgebaren der EU-Mitglieder und deren Budgetdisziplin unter die Lupe genommen werden. Die Kooperation der Österreicher und die geringe Auswirkung auf die Bewertung der Finanzsituation in der gesamten EU führten dazu, dass die Kommission die Höhe der vorgeschlagenen Strafzahlung auf ein Viertel reduzierte. Der Betrag hätte bei rund 119 Millionen Euro liegen können, was fünf Prozent "der Auswirkungen der Verfälschung der Darstellung entweder auf das öffentliche Defizit oder auf den öffentlichen Schuldenstand" entspricht.

Bund will Land zahlen lassen

Doch auch der Betrag von knapp 30 Millionen Euro sei "unverhältnismäßig hoch", heißt es im Finanzministerium in Wien. Dort wird nun die Hoffnung auf eine weitere Senkung oder gar Ablehnung der Strafe gesetzt. Denn dem Vorschlag der Kommission müssen noch die Vertreter der Mitgliedstaaten zustimmen: In einer Sitzung der Finanzminister müsste sich eine qualifizierte Mehrheit dafür aussprechen.

Dass dabei der Betrag herabgesetzt wird, ist durchaus möglich. So war es beispielsweise im Fall Valencias. Wegen manipulierter Budgetzahlen aus der spanischen Region sollte Madrid 2015 ebenfalls bestraft werden. Die Höhe der Buße hätte bis zu 1,9 Milliarden Euro betragen können. Doch mit einem Beschluss legten die Finanzminister der EU fest, dass 18,93 Millionen Euro zu zahlen sind. Spanien hat das Geld überwiesen, aber dann gegen das Gremium der EU-Staaten geklagt. Das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof läuft.

Mit "allen zu Gebote stehenden Mitteln" will sich denn auch Salzburg gegen eine Strafzahlung wehren. Das kündigten Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Finanzreferent Christian Stöckl per Aussendung an. Denn dass der Betrag aus der Kasse des Landes und nicht des Bundes kommen würde, betont das Ressort von Finanzminister Hans Jörg Schelling schon jetzt. Immerhin handle es sich um eine Salzburger "Altlast", und der Verursacher sei nicht der Bund. Dieser könnte sich am Land Salzburg schadlos halten.

Dort sind wegen des Finanzskandals Verfahren bereits im Gang. Die in dem Zusammenhang erhobene Anklage gegen sieben ehemalige und aktive Politiker sowie Beamte - unter ihnen Ex-Bürgermeister Heinz Schaden - ist seit gestern, Mittwoch, rechtswirksam. Das teilte die Sprecherin des Landesgerichts der Austria Presseagentur mit. Es sei bis zum Ablauf der Frist kein Einspruch bei Gericht eingelangt. Noch nicht entschieden wurde hingegen über den Antrag des früheren Finanzreferenten Othmar Raus, das Verfahren an das Landesgericht Linz zu delegieren.

Ungestraftes Griechenland

Griechenland musste übrigens wegen Falschmeldungen an Eurostat keine Strafe zahlen. Dabei sind die Vorwürfe, dass Athen vor mehr als 16 Jahren durch die Manipulation seiner Haushaltsdaten die Aufnahme des Landes in den Euroraum ermöglicht habe, während der Finanzkrise wieder laut geworden. Immerhin flossen später Milliarden Euro an Krediten nach Griechenland, um dieses vor dem Staatsbankrott zu retten.

Die Debatte führte nicht zuletzt dazu, dass die Kompetenzen von Eurostat ausgeweitet und Geldbußen ermöglicht wurden. Doch diese Regelung gilt erst seit 2011. Athen konnte da nicht mehr bestraft werden.