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Kosovo steht eine schwierige Regierungsbildung bevor

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Bei den vorgezogene Neuwahlen in dem Balkanland holte ein Nationalistenbündnis um die PDK die meisten Stimmen.


Pristina. Nach Mitternacht brannten tausende Anhänger der Demokratischen Partei (PDK) am Montag auf dem Skanderbeg-Platz in Pristina ein gigantisches Feuerwerk ab. Die PDK-Anhänger feierten demonstrativ, um ihren politischen Gegnern nach den vorgezogenen Neuwahlen am Sonntag zu sagen: "Wir haben es wieder geschafft! Ohne uns wird der Kosovo nicht regiert werden."

Nach Auszählung von 91 Prozent der Stimmen vereinte ein Parteienbündnis von drei Ex-Rebellenführern unter Führung der PDK 34,7 Prozent der Stimmen. Die linksnationalistische Vetevendosje (Selbstbestimmung) kam mit 26,8 Prozent auf den zweiten, die Mitte-rechts-Partei LDK des bisherigen Regierungschefs Isa Mustafa mit 25,8 Prozent auf den dritten Platz.

Die Serbische Liste als Vertretung der serbischen Minderheit schaffte 5,6 Prozent. Lediglich 41,5 Prozent der über 1,8 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab - ein historischer Negativrekord.

Linksnationalisten sind die eigentlichen Wahlsieger

Am Tag nach der Wahl blieb die Frage indes offen, wie es in Kosovos Parlament nun weitergeht. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Die politischen Protagonisten müssen nun ausloten, welche Koalition eingegangen werden kann. Andererseits herrscht in Pristina der Eindruck, erneute Neuwahlen will niemand.

Der Knackpunkt: Die zweitplatzierte Vetevendosje hält vor allem die PDK für korrupt und kriminell. Ferner dürfte die auf den dritten Platz abgerutschte LDK eine erneute Regierungsbildung mit der PDK scheuen. Denn die PDK hatte erst Mitte Mai eine große Koalition mit der LDK gebrochen und damit die Neuwahl erst herbeigeführt.

Schon früh ließ es sich das Parteienbündnis um die PDK nicht nehmen, sich zum Wahlsieger zu erklären. Bereits eine Viertelstunde nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend trat PDK-Spitzenfunktionär Blerand Stavileci vor die Presse. "Heute war ein siegreicher Tag für uns", sagte er. Im gleichen Atemzug gratulierte er Ex-Premier Ramush Haradinaj vom PDK-Bündnispartner "Allianz für die Zukunft" (AAK) zur Rückkehr ins Premierministeramt.

Haradinaj ist international kein unbeschriebenes Blatt. Er lieferte zuletzt wiederholt Schlagzeilen, weil er bis Ende April monatelang in Frankreich festgehalten worden war. Serbien hatte dessen Auslieferung wegen Kriegsverbrechen im Kosovo-Krieg verlangt. Ein französisches Gericht verfügte aber seine Freilassung.

Eigentlicher Gewinner bei diesem Urnengang ist aber eigentlich Vetevendosje (VV). Die Partei kam bei den letzten Wahlen im Jahr 2014 auf 13,59 Prozent und belegte damit Platz drei. Nun katapultierte sich die VV auf Platz zwei, indem sie ihren Stimmenanteil glatt verdoppelte.

VV-Ziehvater Albin Kurti will den Kosovo völlig umkrempeln. Seine Vision ist ein Mix aus sozialdemokratischen Positionen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie nationalistischen in den Beziehungen vor allem zum "Erbfeind" Serbien. Auch strebt Kurti eine Vereinigung mit Albanien an. "Aber nur, wenn das alles geregelt und friedlich über die Bühne geht, mit Referenden in beiden Ländern - und einer Verfassungsänderung zuvor im Kosovo, die das bisher verbietet", sagte Kurti im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".