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Das Problem mit Theresa Mays neuesten Freunden

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Bei ihrem Pakt mit den Tories will sich die DUP-Vorsitzende Foster "verantwortungsbewusst" verhalten.


London. Nordirlands Protestanten reiben sich die Hände. Auf sie - und nur auf sie - kommt jetzt alles an. Mit den Stimmen der DUP, der Partei der Demokratischen Unionisten, hofft die britische Premierministerin Theresa May, sich an der Macht zu halten in Westminster, nachdem sie ihre konservative Mehrheit bei den Unterhauswahlen vom vorigen Donnerstag eingebüßt hat.

Und die DUP zeigt sich willig. DUP-Chefin Arlene Foster trifft am Dienstag mit May zusammen zur Aushandlung eines Pakts. Die Unionisten, lang ignoriert in London, sind plötzlich die besten "Freunde und Verbündeten" der Konservativen. Das hat, gleich nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, Theresa May erklärt.

Die Stunde der Orangisten

Was aber ist der Preis, den May bezahlt für diese Gefälligkeit Fosters? Ulsters Orangisten-Orden, der jahrhundertealte Trutz-Bund zur Sicherung protestantischer Vorherrschaft in Nordirland, wüsste da schon etwas.

In der Region Portadown zum Beispiel hätte der Orden gern wieder freien Durchmarsch für seinen jährlichen Triumphzug durch ein ganz bestimmtes Katholikenviertel - nämlich die Gavaghy Road hinunter, vom Kirchlein auf dem Hügel von Drumcree.

Der Orangisten-Marsch auf dieser Strecke war in der unheilvollen Geschichte der "Troubles" immer eine besondere Provokation für Nordirlands Katholiken gewesen. Er wurde, im Zusammenhang mit dem nordirischen Friedensabkommen, 1998 erstmals untersagt. Der damals aus der Taufe gehobene "Paraden-Ausschuss" für Nordirland hat den Durchmarsch seither jedes Jahr für zu gefährlich gehalten und immer wieder eine alternative Marschroute diktiert. Das hat der Orangisten-Orden von Portadown freilich nie akzeptieren können. Blutige Krawalle hat es in der Folgezeit gegeben.

Jetzt aber, da die britische Regierung die DUP erstmals braucht, halten die Orangisten ihre Stunde für gekommen. Der Orden hat einem seiner Mitglieder, David Simpson, jetzt mitgeteilt, er solle gefälligst dafür sorgen, dass das Thema Paraden-Freiheit "weit oben auf der Tagesordnung" der May-Regierung steht. Simpson nämlich ist nicht nur ein "Bruder" im Orden. Er ist auch einer der zehn Westminster-Abgeordneten der DUP. In ihrer engen Verzahnung mit dem Orden ist die DUP der natürliche Repräsentant frustrierter und empörter Protestanten in der gesamten Provinz.

Unter diesen klagen viele darüber, dass ihren katholischen Landsleuten schon "viel zu viel" an Rechten eingeräumt worden sei in den letzten Jahren. Die DUP soll nun dafür sorgen, dass auf dem Rathaus von Belfast künftig wieder jeden Morgen und nicht nur an Feiertagen der Union Jack, die britische Fahne, aufgezogen wird. Oder dass es ein Referendum über einen möglichen Anschluss Nordirlands an die Republik Irland auf absehbare Zeit auf keinen Fall gibt.

Sinn Fein wütend

Die Befürchtung, es könne zu Geheimabsprachen solcher Art kommen, hat bereits zu wütenden Reaktionen Sinn Feins, der Partei der irischen Republikaner, geführt. "Besorgt" hat sich aber auch der scheidende irische Regierungschef Enda Kenny gezeigt. London dürfe um Himmels willen nichts tun, was das nordirische Friedensabkommen in Gefahr bringe, hat Kenny Theresa May am Telefon gemahnt.

Richard Haas, Nordirland-Experte und Präsident des US-Rates für Auswärtige Beziehungen, hat erklärt, wegen ihrer speziellen neuen Beziehung zur DUP gäbe es für die britische Regierung nun in Nordirland "einen veritablen Interessenskonflikt". Wie zum Beispiel bei den am Montag in Belfast neu angelaufenen Versuchen von Unionisten und Republikanern, einen Weg zurück zur nordirischen Selbstverwaltung zu finden, die zu Jahresanfang kollabiert ist. An diesen Verhandlungen nimmt als "Neutraler" auch der britische Nordirlandminister James Brokenshire teil, der sich nun mit den Unionisten gutstellen muss.

Arlene Foster, die DUP-Vorsitzende, suchte das Problem herunterzuspielen. Ihre Partei, versicherte sie, werde sich bei ihrem Pakt mit Theresa May ganz und gar "verantwortungsbewusst" verhalten. Statt um Paraden in Portadown soll es eher um die Unterstützung nordirischer Farmer durch London im Zuge eines "erfolgreichen Brexit" gehen.