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Deal mit der DUP kommt May teuer zu stehen

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Premierministerin May braucht Nordirlands Protestanten, um weiterregieren zu können - und das möglichst schnell.


London. Nordirland ist, seit es dort friedlicher zugeht, den meisten Politikern in London etwas aus dem Blick geraten. Die irischen Republikaner sind ohnehin nie an der Themse zu sehen. Sie nehmen, weil sie die Teilung Irlands ablehnen, ihre Sitze in Westminster nicht ein. Die Unionisten wiederum, die Repräsentanten der Ulster-Protestanten, kommen mit ihren schweren Akzenten, ihren stark religiös gefärbten Ansichten und ihrem polternden Patriotismus vielen englischen Landsleuten oft recht sonderbar vor - wie eine kuriose Verwandtschaft am Rande des Königreichs.

Nun jedoch richten sich aller Augen in Großbritannien auf die DUP, die Partei der Demokratischen Unionisten. In kaum verhohlenem Triumph marschierte die DUP-Vorsitzende Arlene Foster mit ihrem neuen Unterhaus-Trüppchen am Dienstag in London auf.

Die DUP holte bei den Wahlen der Vorwoche zehn Sitze - und Theresa Mays Tories fehlen, rein numerisch, acht für eine absolute Mehrheit. Keine andere Partei aber ist bereit, die Konservativen zu unterstützen. May bleibt nur ein Pakt mit Fosters DUP.

Wie teuer kommt Theresa May dieses Bündnis zu stehen? Geld ist natürlich zuerst einmal das, worauf Arlene Foster zielt. Generell mehr Zuwendungen für Nordirland und massive Subventionen fürs nordirische Gesundheits- und Bildungswesen haben die DUP-Leute bei ihren Verhandlungen mit May gefordert. Ihre Körperschaftssteuer wollen sie, um Nordirland fürs Big Business attraktiver zu machen, weiter senken - im Idealfall auf den 12,5-Prozent-Satz, mit dem die Republik Irland lockt.

Viele der Wähler der DUP, und insbesondere der mit der DUP eng verzahnte Orangisten-Orden, erwarten von Foster auch, dass sie spezielle Vergünstigungen fürs protestantische Lager aushandelt. Dinge, die den Unionisten am Herzen liegen, sind zum Beispiel die Gewissheit, den Union Jack wieder überall auf öffentlichen Gebäuden flattern zu sehen. Oder die Freigabe bisher verbotener Marschrouten für die Triumphzüge der Orangisten - durch katholisches Gebiet.

Für solche Forderungen hat die DUP-Chefin eine Menge Verständnis. Ein tiefer emotionaler Graben trennt sie vom irisch-republikanischen Lager in der Provinz. IRA-Leute hatten, als sie acht Jahre alt war, ihren Vater, einen Hilfs-Polizisten, zu töten versucht und schwer verletzt. Sie war dabei, als der Rettungswagen gerufen wurde. Ein andermal bombardierte die IRA den Schulbus, in dem sie sich befand, weil der Fahrer nebenher der britischen Armee angehörte. Die seelischen Wunden aus jener Zeit sind bis heute nicht verheilt.

Dennoch hat Foster erklärt, sie wolle "verantwortungsbewusst" verhandeln. Die feste Zugehörigkeit Nordirlands zu Großbritannien, das Band der Union, heraus zu streichen, scheint ihr jedenfalls legitim.

Viel liegt der DUP daran, von May bestätigt zu bekommen, dass London kein "Grenzreferendum" in Nordirland zulassen will in den nächsten Jahren. Ein solches Referendum wird traditionell von Sinn Fein, der Republikaner-Partei gefordert, die "die beiden Teile Irlands" wieder vereinen will. Ein solches Referendum ist aber, der Friedensvereinbarung von 1998 zufolge, theoretisch jederzeit möglich. Und nicht nur Irlands Republikaner befürchten, dass sich May allein zur Rettung ihrer konservativen Haut jetzt von der DUP abhängig macht - und einseitig unionistische Interessen bedient.

In Dublin drückte der scheidende Regierungschef Enda Kenny diese Woche in aller Form seine "Besorgnis" aus in dieser Frage. Und der frühere konservative Premierminister John Major erklärte am Dienstag freimütig, er habe beim Bündnis seiner Partei mit der DUP "kein gutes Gefühl". Ein solcher Deal werde das Verhältnis zu Dublin belasten und könne am Ende sogar den Frieden in Nordirland bedrohen, warnte Major - nämlich, wenn sich eine Seite dort so benachteiligt fühle, dass das die Hardliner zurück zu den Waffen treibe.