Berlin/Ankara. Der Widerstand gegen öffentliche Auftritte des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland ist groß. Sowohl der Außenminister Sigmar Gabriel, als auch der Sprecher des Außenministeriums Martin Schäfer sprechen sich klar dagegen aus. Erdogan wollte anlässlich des G-20-Gipfels in Hamburg vor Anhängern sprechen.

"Für die Bundesregierung kann ich nur noch einmal bekräftigen, dass Auftritte dieser Natur mit einer hinreichend langen Vorlauffrist bei der Bundesregierung per Verbalnote ans Auswärtige Amt gerichtet zu beantragen wären", sagt Schäfer. Alles andere wäre "ein Verstoß gegen den von der Bundesregierung zum Ausdruck gebrachten Willen, der wiederum fußt auf unserer deutschen Souveränität".

"Wir haben Fehler gemacht"

Auch Gabriel äußerte sich skeptisch: "Das hat nichts mit Rede- oder Meinungsfreiheit zu tun, sondern obliegt den außenpolitischen Interessen Deutschlands. Die Konflikte mit der Türkei sind derzeit so groß und so stark, dass wir davon abraten, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen."

Doch Gabriel kritisiert auch das Verhalten Deutschlands gegenüber der Türkei. Er hält es für falsch, wie Deutschland auf den Putschversuch in der Türkei vor einem Jahr reagiert hat. "Wir haben Fehler gemacht", sagt Gabriel. "Wir hätten unsere Ablehnung des Putschversuches und die Solidarität mit der türkischen Regierung und der türkischen Bevölkerung deutlicher zum Ausdruck bringen können."

Die Regierung hatte damals nur mit einer Erklärung auf den Putschversuch reagiert. "Aber wir hätten auch hinfahren können." Die Türkei hätte sich, so Gabriel, eine emotionalere Reaktion erwartet. "Wir hätten zeigen müssen, dass wir an der Seite der demokratisch gewählten türkischen Regierung stehen und jeden Putschversuch ablehnen. Das hätten wir anders machen müssen." Er sage ganz offen: "Wir haben einen Fehler gemacht." Er wisse, dass sich die Türkei generell von Deutschland nicht angemessen behandelt fühle, unter anderem auch bezüglich der Bekämpfung dessen, was die Türkei als Terrorismus empfinde.

Schwer zu überbrückende Differenzen

Die Türkei erwarte sich, dass jedes Mitglied der Gülen-Bewegung in Deutschland automatisch in Haft zu nehmen sei. Dies sehe Deutschland anders. Klare Regeln gebe es in Deutschland auch für die Asylanträge türkischer Soldaten und Diplomaten, an die sich die Regierung halten müsse. In Deutschland würden Asylanträge und Auslieferungsbegehren von Behörden und unabhängigen Gerichten entschieden und nicht durch Weisung der Bundeskanzlerin oder des Außenministers. Das zu akzeptieren, falle der türkischen Seite schwer. Dort vermute man immer Verschwörungstheorien.

Genauso sieht Sigmar Gabriel Schwierigkeiten im Bereich der Meinungsfreiheit und der Inhaftierung von Journalisten. "Es gibt also große Differenzen, die nicht so einfach zu überbrücken sind."