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Gesundheitsversorgung mit Hürden

Von Konstanze Walther

Politik

Bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen wird die Problematik der medizinischen Versorgung von Migranten erörtert.


Alpbach. Das Recht auf Gesundheit ist Teil der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Doch um dieses Recht einzufordern, muss man wissen, an welche Stellen man sich wenden kann, und man muss auch die Sprache sprechen können.

Damit ist ausgerechnet die Versorgung von jenen Menschen schwierig, die in körperlichen und psychischen Stresssituationen sind - den Flüchtlingen. Mit dieser Problematik beschäftigte sich das Panel "Migration und Gesundheit" bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen. "Wenn wir an die Versorgung von Geflohenen denken, müssen wir mit einbeziehen, wie die Gesundheitssituation in ihrem Herkunftsland aussieht. Wir müssen uns damit beschäftigen, warum sie geflüchtet sind und wann sie nun ankommen werden", sagt Catherine Bertini, ehemalige Generaldirektorin des Welt-Ernährungsprogrammes der UNO. Besonders Wirtschaftsflüchtlinge kämen aus Ländern mit besonders schlechten Gesundheitssystemen - im Zielland würden sie dann oft wegen nicht anerkannten Fluchtgründen erst recht nicht ins geregelte System aufgenommen.

Dabei haben alle Flüchtlinge laut Bertini eines gemeinsam: Zum Zeitpunkt ihrer Ankunft brauchen sie "dringendst" gesundheitliche Versorgung, ob es ihnen nun bewusst ist oder nicht. Kommunikation über Sprach- und kulturelle Barrieren hinweg sei entscheidend. Das betreffe vor allem die Spitäler.

Bertini macht auch auf die besondere Situation von Migrantinnen aufmerksam: Während die Kinder in die Schule gehen und die Männer arbeiten, bleiben die Frauen, die sich zu Hause um die Kinder kümmern, häufig isoliert. Sie haben besondere Probleme, Anschluss zu finden und so die Sprache zu lernen - und über mögliche Gesundheitszentren aufgeklärt zu werden.

Kommunikation als entscheidender Faktor

"Die Gesundheitsprobleme von Migranten sind den unseren zumeist sehr ähnlich", betont Tiina Saarikoski vom Internationalen Roten Kreuz. Es handle sich genauso um chronische Krankheiten oder um Verletzungen. Auch sei noch kein größerer Ausbruch von Epidemien aufgrund von Migranten verzeichnet worden. Trotzdem kämen bei Flüchtlingen reisebezogene Krankheiten hinzu. Fakt sei auch, dass bereits begonnene Behandlungen mitunter durch die Flucht unterbrochen oder unmöglich gemacht wurden. Hinzu kämen psychische und soziale Probleme.

"Jeder Mensch, egal welchen Status er in einem Land hat, hat das Recht auf eine bestmögliche Gesundheitsversorgung. Gesundheit ist für alle da", sagt Saarikoski. Nach der Ersthilfe bei der Ankunft in einem Land sollten Flüchtlinge und Migranten möglichst schnell ins reguläre Gesundheitssystem transferiert werden. "Wir können uns Parallelsysteme nicht leisten", meint Tiina Saarikoski und verweist ebenfalls auf die Kommunikation als entscheidender Punkt in der Gesundheitsversorgung.

Die Ankunft von Flüchtlingen und Migranten wiese im jeweiligen Staat auch auf bereits bestehende Probleme hin.

Alte Probleme geraten durch Flüchtlinge in den Fokus

So hofft etwa Alice Wimmer, Expertin für öffentliche Gesundheit der Caritas Wien, dass nun durch die "Linse der Flüchtlinge" alte Probleme wieder in den Fokus gelangen. Denn auch in Österreich geborene Menschen oder solche, die schon vor Jahrzehnten zugewandert sind, haben nicht immer Zugang zur Gesundheitsvorsorge. Manchen fehlt die Sprache, manchen der Zugang, etwa, weil sie in ruralen, abgeschiedenen Gegenden wohnen.

Die selbst als Flüchtling von Somalia nach Österreich gelangte Pharmazeutin Suad Mohamed, die fünf Sprachen beherrscht und gerade Deutsch lernt, arbeitet mittlerweile als Dolmetscherin in der Flüchtlingsbetreuung für das Österreichische Rote Kreuz und die Diakonie in Wien. Sie lobt das österreichische Gesundheitssystem, weist aber auf die Problematik hin, dass jene Menschen, die über keinen Asylstatus verfügen, nicht von dem System erfasst werden und auch nicht über Möglichkeiten aufgeklärt werden.

Das alles geschehe erst, wenn der Aufenthaltsstatus geklärt sei. Hinzu kämen, je nach Herkunftsland, kulturelle Unterschiede und ein Mangel an Wissen. "Manche Flüchtlinge, auch jene aus Somalia, wissen nicht, was ein Termin bei einem Arzt ist. Oder sie verstehen die Bedeutung von Antibiotika nicht", sagt die Somalierin, die ihren Pharmazie-Doktor in Pakistan gemacht hat.

Sie weist auch darauf hin, dass viele Flüchtlinge, einmal in Europa angekommen, keine Energie mehr haben, sich mit dem Gesundheitssystem, der Sprache und der zum Teil ablehnenden Haltung der Bevölkerung auseinanderzusetzen - all das zusammen sei einfach zu viel.