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Pluspunkt Froschschenkel

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Paris wirbt offensiv um internationale Banken, die erwägen, von London in andere europäische Städte umzuziehen.


Paris. Emmanuel Macron gab den Ton vor, da war er noch im Wahlkampf. Nach dem Brexit-Votum wolle Frankreich "die Banken, Talente, Forscher und Lehrenden" anziehen, sagte er im Februar bei einem Besuch in der Londoner City vor britischen Journalisten. Die Branche ist dem Präsidenten nicht fremd: Vor dem Sprung in die Politik arbeitete er bei der Privatbank Rothschild & Cie.

Paris mit seinem Geschäfts- und Bankenviertel La Défense gehört neben Frankfurt, Dublin und Amsterdam zu den Städten, die sich große Hoffnungen machen, von Büro- und Job-Verlagerungen zu profitieren. Auch Wien wirbt um Finanzinstitute, die bisher in London ansässig waren. Noch fehlen die konkreten Konturen für die Vereinbarungen zwischen London und Brüssel, doch zumindest im Fall eines harten Brexit mit dem Austritt aus dem Binnenmarkt der EU drohen in Großbritannien ansässige Banken den Zugang zu europäischen Kapitalmärkten zu verlieren. Ob es wirklich zu einer großen Umzugswelle kommt, von der ein Finanzplatz als klarer Sieger profitiert, erscheint noch fraglich.

Doch der Ehrgeiz von Paris war schnell geweckt: Nach der Brexit-Entscheidung gingen werbende Briefe an potenzielle Investoren heraus, auf Plakaten in Londoner Bahnhöfen versuchte man es mit Humor: "Tired of the fog? Try the frogs!" ("Genug vom Nebel? Probier die Frösche!") Es klang wie eine Revanche - noch 2012 hatte der damalige britische Premierminister David Cameron französischen Unternehmen den roten Teppich ausgerollt, nachdem Macrons Vorgänger François Hollande mit dem - letztlich nicht umgesetzten - Vorschlag schockiert hatte, Jahreseinkommen über eine Million Euro mit 75 Prozent zu besteuern.

Die Lobby der Pariser Finanzinstitute, Paris Europlace, schätzte zuletzt die Zahl der erwarteten neuen Jobs auf 2300, vor allem dank der Ankündigung der britischen HSBC, rund 1000 Posten in der Stadt an der Seine zu schaffen. Auch die großen französischen Häuser von der Société Générale mit rund 400 Stellen über PNB Paribas mit 300 Jobs bis zu Crédit Agricole mit 100 neuen Posten orientieren sich dorthin. Viele internationale Häuser tendieren hingegen eher zu Konkurrenten wie Frankfurt, Dublin oder auch Brüssel. Die Butter vom Brot - oder vom Baguette - will Paris sich aber nicht nehmen lassen.

Mitte September fährt Macrons Vertrauter, der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Benjamin Griveaux, nach London und im Dezember nach Japan, um Investoren anzulocken. "Der Finanzplatz Paris hat gute Chancen unter der Bedingung, dass die angekündigten Reformen umgesetzt werden: Senkung der Unternehmenssteuer und der Lohnsteuer, Arbeitsrechtreform, mehr Stabilität bei der Gesetzgebung", sagt Arnaud de Bresson, Generaldirektor von Paris Europlace.

In der Tat will die Regierung an diesen Schaltstellen schrauben, gerade weil in den konkurrierenden europäischen Staaten die Steuer- und Abgabenlast geringer ist als in Frankreich. Premierminister Édouard Philippe hat angekündigt, die Unternehmenssteuer von aktuell 33,3 Prozent bis 2022 etappenweise auf 25 Prozent zu senken. Die Vermögenssteuer gilt demnächst nur noch für Immobilienerträge, außerdem soll der Einkommensteuersatz für Gutverdiener sinken.

Als Vorteil wird auch beworben, dass an der internationalen Kammer am Pariser Handelsgericht Streitigkeiten nach internationalem Recht auf Englisch verhandelt werden können. Neben der besonderen Lebensqualität einer Weltstadt wie Paris - mit zwar hohen, aber weniger exorbitanten Miet- und Immobilienpreisen als in London - sollen Topmanager zudem durch die Eröffnung dreier internationaler Schulen angezogen werden. Nicht zufällig befindet sich eine davon im Pariser Vorort Courbevoie - in unmittelbarer Nähe zu La Défense.