Berlin. Wenn es nach der deutschen Bundestagswahl zu einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen kommt, wird diese bei weitem über keine Mehrheit im Bundesrat verfügen, dessen Zustimmung bei vielen Gesetzen erforderlich ist. Auch eine Große Koalition hätte keine Mehrheit, weil es in den Bundesländern ein Potpourri aus allen nur denkbaren Konstellationen gibt.

Vielfalt der Bündnisse

Ein Jamaika-Bündnis im Bund hätte nur die vier Stimmen des Pendants aus Schleswig-Holstein hinter sich. Zu den sonstigen Konstellationen in den Ländern gehören große Koalitionen im Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen, das CSU-regierte Bayern sowie die rot-grünen Regierungen in Niedersachsen, Hamburg und Bremen. In Baden-Württemberg regiert Grün-Schwarz, in Hessen Schwarz-Grün. CDU und FDP regieren in Nordrhein-Westfalen.

In Rheinland-Pfalz gibt es eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP. In Berlin ist Rot-Rot-Grün unter SPD-Führung am Ruder, in Thüringen unter Führung der Linken. In Brandenburg gibt es das einzige rot-rote Bündnis, in Sachsen-Anhalt regiert eine "Kenia-Koalition" aus CDU, SPD und Grünen.

Keine klaren Mehrheiten in Sicht

An den unklaren Mehrheitsverhältnissen wird sich auf lange Sicht nichts ändern. In Niedersachsen wird am 13. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Und im kommenden Jahr stehen nur in Bayern und Hessen Wahlen an - und das auch erst im Herbst.

Die unklaren Mehrheitsverhältnisse zwingen die künftige Bundesregierung bei zustimmungspflichtigen Gesetzen dazu, auf die politische Konkurrenz zuzugehen. Darunter fallen zunächst alle Verfassungsänderungen: Für sie ist im Bundesrat ebenso wie im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit erforderlich - diese dürfte aber nicht einmal mehr eine neue Große Koalition im Bundestag zustande bringen.

Mit absoluter Mehrheit müssen im Bundesrat Gesetze beschlossen werden, die in bestimmter Weise Auswirkungen auf die Finanzen der Länder haben. Darunter fallen alle Gesetze über Steuern, an deren Aufkommen die Länder oder Gemeinden beteiligt sind. Ebenso zählen Regelungen dazu, die die Länder zur Erbringung bestimmter Leistungen zwingen.

Kaum Einigkeit im Bundesrat

Die derzeitige Große Koalition verfügt schon seit längerem über keine Mehrheit in der Länderkammer mehr - und bekam dies auch schon zu spüren. So scheiterte sie etwa mit der Einstufung der nordafrikanischen Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer für Flüchtlinge.

Bei den nicht zustimmungspflichtigen Gesetzen hat der Bundesrat nur noch die Möglichkeit, mit einem mehrheitlich beschlossenen Einspruch den Beschluss einer Neuregelung zu verzögern. Hier ist die zersplitterte Parteienlandschaft sogar ein Vorteil für die künftige Bundesregierung: Denn die erforderliche Mehrheit für einen Einspruch kommt kaum noch zustande.