Barcelona/Madrid. Im Streit über eine Abspaltung Kataloniens hat die spanische Zentralregierung der Region eine weitere Frist gesetzt. Der Chef der Regionalregierung, Carles Puigdemont, müsse bis Donnerstag klarstellen, dass er keine Unabhängigkeit ausgerufen habe, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria am Montag in Madrid. Jeder Dialog müsse im Rahmen der Gesetze stattfinden.
"Herr Puigdemont hat noch immer die Möglichkeit, die Lage zu lösen, er muss 'Ja' oder 'Nein' zur Erklärung (der Unabhängigkeit) sagen", sagte die Regierungssprecherin. Madrid bedauere die Antwort und warte nun darauf, dass die Regionalregierung bis Donnerstag (10.00 Uhr) ihre Unabhängigkeitsbestrebungen tatsächlich abbreche und sich gemäß der Verfassung der Zentralregierung unterordne.
Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont betreibe eine Politik der "Verwirrung", indem er sich nicht klar zur Unabhängigkeit der Region äußere, erklärte Saenz de Santamaria weiter. "Zu einem derart wichtigen Thema haben wir Klarheit verlangt und verlangen Klarheit", fügte die Vize-Regierungschefin hinzu.
Erstes Ultimatum verstrichen
Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont hat ausweichend auf die mit einem Ultimatum verbundene Frage der spanischen Zentralregierung geantwortet, ob er die Unabhängigkeit seiner Region erklärt hat oder nicht. In einem am Montag veröffentlichten Brief an den spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy schlug Puigdemont Madrid einen zweimonatigen Aufschub vor und forderte erneut einen Dialog.
An den Verhandlungen sollten "internationale, spanische und katalanische Persönlichkeiten" teilnehmen, heißt es. Der Konflikt erfordere eine "politische Lösung". Puigdemont setzt damit offenbar auf Zeit. Der spanische Justizminister Rafael Catala erklärt die Antwort der Nachrichtenagentur EFE zufolge für unzureichend. Ähnlich äußerte sich Außenminister Alfonso Dastis. Der Brief sei "keine Antwort auf die Forderung" Madrids und bringe nicht die verlangte Klarheit, sagte Dastis am Montag in Luxemburg. Die spanische Regierung kündigte eine Erklärung der stellvertretenden Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria für 10.30 Uhr an.
Unabhängig oder nicht?
Rajoy hatte Puigdemont bis Montag um 10.00 Uhr ein Ultimatum gesetzt, um die Frage zu beantworten, ob er die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt hat oder nicht. Bei einem von der spanischen Justiz als rechtswidrig eingestuften Referendum in Katalonien hatten sich am 1. Oktober 90 Prozent für eine Abspaltung der Region ausgesprochen; die Wahlbeteiligung lag jedoch nur bei 43 Prozent.
Am 10. Oktober unterzeichnete Puigdemont dann eine Unabhängigkeitserklärung, setzte diese aber umgehend wieder aus. Schon damals erklärte die katalanische Regionalregierung, damit solle ein "Dialog" mit der Zentralregierung angestoßen werden. Die spanische Regierung reagierte unnachgiebig und setzte Puigdemont stattdessen das Ultimatum.
Bei einer Bestätigung der Unabhängigkeit durch Barcelona sollte Puigdemont nochmals einige Tage Zeit bekommen, um eine mögliche Entscheidung für die Unabhängigkeit rückgängig zu machen. Andernfalls droht die Regierung in Madrid mit dem Entzug der katalanischen Autonomierechte nach Artikel 155 der spanischen Verfassung. Dieser ermöglicht unter anderem die Entmachtung der Führung jeder der 17 autonomen Gemeinschaften des EU-Landes, die die Verfassung missachtet.
Warnungen aus Madrid
Spaniens Innenminister Juan Ignacio Zoido hatte am Wochenende gewarnt, man werde keine ausweichende oder zweideutige Antwort akzeptieren. Zulässig sei nur "ein Ja oder ein Nein". Falls keine eindeutige Antwort komme, werde man "davon ausgehen, dass die Unabhängigkeit erklärt worden ist".
Nachdem Puigdemont nun nicht mit einem klaren "Nein" geantwortet hat, hat er gemäß der zweiten Frist des Ultimatums bis zu diesem Donnerstag (10.00 Uhr) Zeit, die Unabhängigkeitsbestrebungen auch tatsächlich abzubrechen und sich gemäß der Verfassung der Zentralregierung unterzuordnen.