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Babis geht, Babis kommt

Von Klaus Huhold

Politik

Das Kabinett des Milliardärs Babis wird die Vertrauensabstimmung im Parlament wohl verlieren. Premier wird er trotzdem.


Prag/Wien. Dass Tschechiens derzeitige Regierung diese Woche politisch überlebt, ist unwahrscheinlich. Bis spätestens Mittwoch muss sich das Minderheitskabinett von Premier Andrej Babis einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Offenbar rechnet nicht einmal Babis selbst damit, dass er die notwendige Mehrheit erhält. Allerdings kann der Gründer der Partei ANO (ano bedeutet auf Tschechisch ja) darauf bauen, dass die Zeit für ihn arbeitet und er langfristig gute Chancen hat, sich im Kampf um das Premiersamt durchzusetzen.

ANO ist ganz auf Babis zugeschnitten, die Ausrichtung der Partei ist eine Mischung aus Pragmatismus und Populismus. Der Milliardär Babis, der in der vorangegangenen, von den Sozialdemokraten geführten Regierung zeitweise Finanzminister war, verspricht, dass er als Politiker genau so erfolgreich sein wird wie als Manager. Die Parlamentswahl im Oktober hat ANO mit 29,7 Prozent der Stimmen überlegen gewonnen - die zweitplatzierte neoliberale Demokratische Bürgerpartei (ODS) kam lediglich auf 11,3 Prozent.

Der zweitreichste Mann Tschechiens führt nun eine Minderheitsregierung an, in der sämtliche Ministerposten an ANO-Mitglieder oder an Experten, die der Partei nahestehen, vergeben wurden. Die tschechische Verfassung ermöglichte es Präsident Milos Zeman, kurz nach der Wahl diese Regierung anzugeloben, obwohl sie nicht von einer Mehrheit im Parlament unterstützt wird.

Doch nun lässt sich die Vertrauensabstimmung nicht mehr länger aufschieben. Bis auf die Kommunisten unterstützt derzeit niemand Babis, und das reicht nicht für eine Mehrheit. Zwar spielt die rechtsradikale Bewegung "Freiheit und direkte Demokratie" mit dem Gedanken, doch für Babis zu stimmen, was ihm in letzter Sekunde eine Mehrheit bringen würde. Das gilt aber als unwahrscheinlich.

Alle anderen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit Babis ausgeschlossen, und dieser will laut eigenem Bekunden auch nicht mehr mit ihnen verhandeln. Den gebürtigen Slowaken hat seine Vergangenheit als Geschäftsmann eingeholt. Die Polizei ermittelt gegen ihn und hat die Aufhebung seiner Immunität beantragt - und deshalb wollen ihn die anderen politischen Kräfte nicht zum Premier machen.

Es geht dabei um das Wellness-Ressort Storchennest. Dieses gehört zum Großkonzern Agrofert, der bis vor einem Jahr im Besitz von Babis war und nun treuhänderisch verwaltet wird. Zeitweise war das Storchennest laut tschechischen Medienberichten aber ausgegliedert und Verwandten und Freunden von Babis überschrieben. So soll das Projekt ungerechtfertigterweise rund 1,7 Millionen Euro an EU-Fördergeldern für Klein- und Mittelbetriebe erhalten haben, bevor es wieder zu Agrofert zurückkam. Babis, der sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben hat, bezeichnet die Affäre als politische Intrige. Doch kürzlich hat auch Olaf, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, "Unregelmäßigkeiten" bei der Vergabe von EU-Fördergeldern für das Storchennest festgestellt und damit die Ermittlungen der tschechischen Polizei gestützt.

Babis hat aber einen wichtigen Verbündeten: Präsident Zeman. Der 73-Jährige unterstützt den Unternehmer ganz offen in seiner Ambition, Premier zu werden. Zeman handelt nicht uneigennützig: Am Freitag und am Samstag findet die erste Runde der Präsidentenwahl statt. Zeman möchte die Wähler von Babis für sich gewinnen. Dessen Partei ANO hat wiederum darauf verzichtet, einen eigenen Kandidaten aufzustellen.

Präsident Zeman ist derVerbündete von Babis

Zeman hat gute Chancen, erneut Präsident zu werden. Umfragen geben ihm in der ersten Runde, zu der neun Kandidaten antreten, rund 40 Prozent der Stimmen. An zweiter Stelle folgt der Chemieprofessor Jiri Drahos, der früher der Akademie der Wissenschaften vorstand, mit fast 30 Prozent. Die Stichwahl würde dann Ende Jänner stattfinden. Und im direkten Duell sehen manche Umfragen Drahos vor Zeman liegen.

Zeman bringt das Gezerre um die Regierung noch einmal zusätzliche Schlagzeilen, die ihm bei der Wahl nützen können. Er hat bereits angekündigt, dass er Babis, sollte dieser die Vertrauensabstimmung verlieren, erneut zum Premier macht.

Sollte Babis dann wieder scheitern, könnte er sogar mit einem dritten Auftrag zur Regierungsbildung rechnen. Dann ist der Parlamentspräsident am Zug, und dieses Amt übt sein Parteikollege Radek Vondracek aus.

Babis kann darauf spekulieren, dass er im Laufe der Zeit eine Mehrheit findet. Sonst wären nämlich Neuwahlen fällig. In diesem Fall kann ANO mit Zugewinnen rechnen - die Storchennest-Affäre war schon beim Wahlgang im Oktober aktuell und hat Babis nicht geschadet. Der geschickte Rhetoriker würde es wohl auch gut verstehen, anderen Parteien den Schwarzen Peter für die gescheiterte Regierungsbildung zuzuschieben. Und von diesen müssen einige wie etwa die Christdemokraten oder die Bürgermeisterpartei Stan, die lediglich knapp über fünf Prozent der Stimmen erhielten, um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Anderen wie der ODS oder den Sozialdemokraten drohen Stimmverluste.

Manche politischen Kräfte haben bereits Bereitschaft gezeigt, eine ANO-Regierung zu unterstützen, wenn der Premier nicht Babis heißt. Doch darauf will sich der 63-Jährige offenbar nicht einlassen. Aus seiner eigenen Partei hat er dabei, trotz polizeilicher Untersuchungen, keinen Widerspruch zu erwarten: ANO ist von seinem Geld und seiner Popularität abhängig.