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Völkischer Aschermittwoch

Von Alexander Dworzak

Politik

Die AfD versammelt ihr Rechtsaußenlager. Für die Sachsen-Wahl steht Kooperation mit der Pegida-Bewegung im Raum.


Pirna/Wien. Die AfD schimpft leidenschaftlich gerne über "Altparteien" - also alle anderen. Deren Rituale bedient sie sich aber gerne. Auch sie lädt zum Politischen Aschermittwoch in ganz Deutschland. So tritt einer der beiden Parteivorsitzenden, Jörg Meuthen, in Bayern auf, FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky ist Gastredner. Eine "Kracherveranstaltung" verspricht der AfD-Verband Sächsische Schweiz - Osterzgebirge auf seiner Webseite. Angesagt sind unter anderem Björn Höcke und Jörg Urban. Beide sind im Osten der Bundesrepublik verankert; Höcke als Fraktionsvorsitzender in Thüringen, Urban als Landesvorsitzender in Sachsen. Beide stehen rechtsaußen. Und in beiden Bundesländern ist die AfD von einer Randfigur des politischen Spektrums auf eine Bewegung gewachsen, die 20 Prozent plus X erreichen kann.

"Aushöhlung der deutschen Souveränität und Identität"

Björn Höcke erlangte bereits weit über Thüringen Grenzen Bekanntheit. So bezeichnete er das Berliner Holocaustmahnmal als "Denkmal der Schande" und unterfütterte seine Asylthesen evolutionsbiologisch. Höcke setzte dem europäischen "Platzhaltertyp" den afrikanischen "Ausbreitungstyp" entgegen. Weniger bekannt als diese Ausfälle ist die "Erfurter Resolution" aus dem Jahr 2015: eine Absage an den vermeintlichen politischen Einheitsbrei, "der Feigheit und dem Verrat an den Interessen unseres Landes". Die Unterzeichner verstehen sich als "Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands". Und die AfD als Partei, die "Mut zur Wahrheit und zum wirklich freien Wort besitzt". Höcke hat die "Erfurter Resolution" mitinitiiert, gemeinsam mit Alexander Gauland - mittlerweile Parteichef und Fraktionsvorsitzender im Bundestag.

"Wir orientieren uns in unserem politischen Handeln ängstlich an dem, was uns Institutionen, Parteien und Medien als Spielraum zuweisen, anstatt selbst den Radius unseres Handelns abzustecken und zu erweitern", wiesen jene AfDler anno 2015 jegliche Bemühungen zurück, aus der Partei eine bürgerlich-konservative Bewegung zu formen. Wenn Höcke und Gauland den "Radius erweitern" wollen, heißt das nichts anderes, als die Grundprinzipien der Bundesrepublik nach 1945 zum Einsturz zu bringen, somit auch die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus: "Wir haben die Aufgabe, uns unsere großartige Geschichte wieder neu anzueignen", sagte Höcke 2016. "Das permanente Mies- und Lächerlichmachen unserer Geschichte hat uns wurzellos gemacht." Damals meinte Höcke auch: "Dieses Land, dieses Volk, liebe Freunde, muss endlich seine verlorene Männlichkeit zurückfinden."

Insbesondere in Ostdeutschland kommt die AfD gut an, dazu hat im Besonderen die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel beigetragen. Mit 27 Prozent bei der Bundestagswahl im September lag die AfD in Sachsen vor allen anderen Parteien. Allerdings hieß die Spitzenkandidatin damals Frauke Petry. Sie hatte einst die völkischen Umtriebe mindestens geduldet, mutierte später zur vermeintlich moderaten Stimme der Partei. Petry buhlt nach ihrem Parteiaustritt - ihr in der AfD errungenes Mandat im Bundestag hat sie behalten - mit der "Blauen Wende" um bürgerliche Wähler der einstigen "Professorenpartei" AfD. Im Raum Pirna, südöstlich von Dresden, befindet sich Petrys Wahlkreisbüro. Als kleine Spitze treten Höcke und Co. am Mittwoch ausgerechnet in dieser Stadt auf.

Petrys Abgang hat Sachsens AfD nicht geschadet. Die letztverfügbare Umfrage vom Dezember sieht die Partei bei 23 Prozent. Landeschef Jörg Urban ist nicht nur ebenfalls am Mittwoch mit von der Partie. Er wagt auch einen inhaltlichen Schritt, vor dem Petry zurückschreckte: die Annäherung an die Pegida-Bewegung. "Wenn sich dort keine Entwicklung abzeichnet, die in Richtung rechtsextrem geht - und das sehe ich nicht, obwohl das gerne behauptet wird -, dann kann ich mir gut vorstellen, dass wir im Wahlkampf mit Pegida kooperieren werden", sagte Urban laut MDR.

Laut Verfassungsschutzim Fokus von Extremisten

Anders schätzt das der bayerische Verfassungsschutz ein. Mit dem Aufstieg von Pegida im Herbst 2014 "geriet die Bewegung in den Fokus von Extremisten. Darunter befanden sich Rechtsextremisten aus dem parteigebundenen und dem neonazistischen Spektrum ebenso wie Personen aus dem Spektrum der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit." Die Verbindungen zwischen Pegida und der AfD reichen über Sachsen hinaus. Einen Tag nach Aschermittwoch findet in Mecklenburg-Vorpommern eine "Informationsveranstaltung zur Geschichte und Entwicklung" von Pegida statt. Neben deren Vertreter Siegfried Däbritz tritt Michael Stürzenberger auf - "zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene in Bayern", so der dortige Verfassungsschutz. Demnach differenziere Stürzenberger nicht zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als politischer Ideologie und spreche Muslimen das im deutschen Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Religionsfreiheit ab.

"Kein Asyl für Muslime in Deutschland", forderte Björn Höcke im Jänner. Für seine Politik kann sich in Thüringen derzeit jeder Fünfte erwärmen. Im Herbst 2019 steht die Landtagswahl an, ebenso in der politischen Heimat des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, Brandenburg. Sachsen wählt kurz zuvor, im Sommer. Es könnten Urnengänge von historischer Bedeutung werden.