Bratislava. Seit der hinrichtungsgleichen Ermordung des Investigativreporters Jan Kuciak und dessen Verlobter Martina Kusnirova Ende Februar bekennen sich slowakische Politiker immer wieder zu freien und unabhängigen Medien als Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie. Tatsächlich aber wurden zuletzt beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk (RTVS) zahlreiche Journalisten mutmaßlich aus politischen Gründen entlassen. Deshalb haben rund 170 Journalisten eine medienübergreifende Erklärung unterzeichnet, in der von einer "Normalisierung" bei Radio und Fernsehen die Rede ist. Mit "Normalisierung" wurden in der früheren Tschechoslowakei die Jahre nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 bezeichnet. Damals gingen staatliche Organe mit außerordentlicher Härte gegen politische Gegner vor.

Die Auseinandersetzung um die Zukunft des RTVS schwelt intern schon seit vergangenem Sommer, als Jaroslav Reznik, zuvor Chef der Nachrichtenagentur TASR, neuer Generaldirektor des Rundfunks wurde und die Nachrichtenverantwortlichen bei Radio und Fernsehen wechselten. Aber erst seit gut zwei Monaten ist offenkundig, wie radikal der Umbau des RTVS vonstattengeht.

Anfang März nahm die Chefin der Radio-Auslandsberichterstattung, Olga Bakova, ihren Hut. Zugleich wurden Dutzende Redakteursstellen gestrichen. Bakova seien wie anderen Mitarbeitern auch neue Aufgaben angeboten worden, sie habe daran jedoch kein Interesse gehabt und selbst gekündigt, so der RTVS. Mehrere ihrer Kollegen bestritten dies und gingen zwischenzeitlich selbst. Zuletzt wurden die Verträge von vier freien Mitarbeitern der Ressorts Kultur, Ausland und Inland nicht mehr verlängert, auch kündigten weitere Redakteure.

Immer wieder werden Klagen laut, die Atmosphäre im Rundfunk sei "mehr als angespannt". Der RTVS leiste dem Auseinanderdriften der Redaktion durch manipulative und unvollständige Äußerungen innerhalb wie außerhalb des Hauses Vorschub, statt ihre Einheit zur Erfüllung wichtiger gesamtgesellschaflicher Aufgaben zu befördern, schrieben die Mitarbeiter der Nachrichtenredaktionen jüngst in einem offenen Brief.

Unter Regierungskontrolle?

Reznik kann all das angeblich nicht nachvollziehen. Vor dem Nationalratsausschuss für Medien und Kultur verwahrte er sich vor kurzem dagegen, "dass die Situation in der Berichterstattung kritisch ist". Ihm gehe es nur darum, die Kräfte der Festangestellten im Nachrichtenressort zu bündeln.

Staatspräsident Andrej Kiska ging Reznik allerdings öffentlich scharf an. Es sei nicht hinnehmbar, wenn Redakteure von Zensur am Arbeitsplatz sprächen und wegen der Äußerung unliebsamer Meinungen entlassen würden. Er sei schockiert, dass Journalisten in der Slowakei seit Jahren attackiert würden und für ihre Arbeit keine Wertschätzung erführen.