Wien/Brüssel. Interessiert und unzufrieden. So lässt sich die Haltung der österreichischen Bürger zur EU genau ein Jahr vor der Wahl zum Europaparlament zusammenfassen.

In nur wenigen Ländern sind die Bürger an der EU-Wahl derart interessiert wie in Österreich: Mit 60 Prozent belegen die Österreicher Rang vier hinter dem Spitzentrio Niederlande (70 Prozent), Irland (62 Prozent) und Malta (61 Prozent). Der EU-Durchschnitt beträgt 50 Prozent.

Gleichzeitig halten nur 45 Prozent der Österreicher die EU-Mitgliedschaft für gut. Das ist lediglich Platz 24 unter den 28 Mitgliedsländern. Sogar die Briten, die Ende März nächsten Jahres aus der EU ausscheiden, halten mit 47 Prozent die Mitgliedschaft in der Union für besser. Der EU-Durchschnitt liegt bei 60 Prozent. Noch schlechter denken die Österreicher über den Nutzen, den ihr Land aus der EU-Mitgliedschaft gezogen hat. Mit nur 54 Prozent ist das Platz 26 - Drittletzter. Nur die Italiener (44 Prozent) und die Briten (53 Prozent) sind noch skeptischer. Der EU-Durchschnitt beträgt 67 Prozent. Die Malteser glauben zu 93 Prozent, Nutzen aus der EU-Mitgliedschaft gezogen zu haben, dahinter folgen die Iren (91 Prozent).

Ein besonderes Augenmerk wurde diesmal auf die Umfrageergebnisse aus Italien gelegt: In kaum einem Land sind die Bürger so unzufrieden mit der Europäischen Union, und nun steht gerade in Rom mit der Koalition aus Fünf Sterne und Lega eine europakritische bis -feindliche Regierung vor der Tür.

Bei der Präsentation der Umfrage sagte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, dass dafür auch die Migration verantwortlich sei. Wobei der Politiker, der Silvio Berlusconis Bewegung "Forza Italia" entstammt, auch die mangelnde Solidarität der anderen EU-Länder in der Migrationsfrage mit Italien und Griechenland, aber auch mit Malta und Spanien verantwortlich machte. "Die Antwort der EU-Länder war viel zu spät."

Insgesamt zeichnete der Parlamentspräsident ein Bild der Hoffnung für die kommenden EU-Wahlen 2019. Erstmals seit 2009 seien mehr Europäer der Meinung, dass ihre Stimme zähle (48 Prozent) Dass ihre Stimme nicht zählt, meinen rund 46 Prozent der Befragten.

Angesprochen darauf, dass trotzdem die Euroskeptiker im EU-Parlament zulegen werden, meinte Tajani: "Wahrscheinlich ja." Aber es gehe darum, hart zu arbeiten und gute Antworten zu liefern. Es sei zu leicht zu sagen, dass die Führer solcher EU-skeptischer Parteien schuld an Missständen seien. Man müsse sich aber auch fragen, warum die Menschen diese Parteien wählten, und die Distanz der Politiker zu den Bürgern verkleinern.

Als positiv sieht Tajani, dass mehr als die Hälfte der Befragten dafür eintreten, dass das Europaparlament eine wichtigere Rolle spielen solle.