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Wieder ein letztes Gefecht

Von Konstanze Walther

Politik

Spaniens Regierungschef stellt sich Misstrauensvotum Ende der Woche. Der Galicier hat schon oft das Beinahe-Ende seiner Karriere erlebt.


Madrid/Wien. Mariano Rajoy kämpft einmal mehr um das politische Überleben. An diesem Donnerstag und Freitag wird das spanische Parlament über einen Misstrauensantrag gegenüber dem konservativen spanischen Premierminister debattieren und abstimmen.

Rajoy führt seit 2016 eine Minderheitsregierung an. Seine Partei, der Partido Popular (PP), ist mit 33 Prozent als stärkste Fraktion aus den Wahlen hervorgegangen. Einen Koalitionspartner konnte Rajoy aber nicht finden, zu viel Porzellan hatte der galicische Politiker in seiner langjährigen Karriere zerschlagen. Rajoy steht dem PP seit 14 Jahren vor, seit sieben Jahren bekleidet er das Amt des Ministerpräsidenten.

Numerisch gesehen wäre es ein Leichtes, Rajoy Ende der Woche des Amtes zu entheben. Doch es ist mehr als fraglich, ob sich die notwendige Mehrheit dafür bilden kann. Zwar wollen alle Oppositionsparteien Rajoy des Amtes verweisen. Doch will auch niemand der zweitgrößten Oppositionspartei seine Stimme kostenlos herschenken. Konkret hat die zweitgrößte Partei, die spanischen Sozialisten PSOE, den Misstrauensantrag gegen Rajoy eingebracht. Anlassfall war die Verurteilung im Korruptionsprozess Gürtler vergangene Woche, bei der der PP sogar selbst wegen der Schwarzen Kassen der illegalen Bereicherung verurteilt worden war. Und der Richter hatte in seinem Urteilsspruch sogar dezidiert die Glaubwürdigkeit von Rajoys Aussage, er habe von nichts gewusst, in Frage gestellt.

Rajoy ist verhasst, aber der Separatismus ebenso

Die Verurteilungen bestätigten viele Spanier in ihrem Glauben, dass der PP tief im Korruptionssumpf verstrickt ist. Rajoy verteidigte natürlich seinen PP, die Partei sei "viel mehr als die zehn oder fünfzehn isolierten Fälle".

PSOE-Generalsekretär Pedro Sánchez, der bei den vergangenen Wahlen 22,6 Prozent der Stimmen erlangen konnte, darf jedenfalls für den Misstrauensantrag mit den Stimmen der populistischen Linkspartei Podemos rechnen, die 2016 auf 21,1 Prozent gekommen waren. Die Frage ist, woher die restlichen Stimmen kommen werden.

Die separatistischen Nationalparteien Kataloniens und des Baskenlandes haben ihre Zustimmung in Aussicht gestellt, sollten für sie Zugeständnisse in Sachen Autonomie oder Abspaltung dabei heraussehen.

Wenn Sánchez mit diesen Parteien paktiert, sinken seine Zustimmungswerte im Rest von Spanien in den Keller. Denn die Stimmung in Sachen Separatismus ist aufgrund der Katalonien-Krise mehr als aufgeheizt.

Alternativ könnten die liberalen Ciudadanos (13 Prozent) die notwendigen Stimmen für die Mehrheit bereitstellen. Die Ciudadanos haben bisher die Minderheitsregierung von Rajoy gestützt. Das soll aber nicht mehr so weitergehen: "Diese Legislatur ist mit der Verurteilung der Regierungspartei wegen Korruption erledigt", sagte Ciudadanos-Chef Albert Rivera der Zeitung "El Mundo".

Die Krise könne nur durch vorgezogene Wahlen gelöst werden. Mit Blick auf den PSOE-Chef Pedro Sánchez erklärte er, über die Zukunft Spaniens dürfe nicht "irgendein unverantwortlicher Politiker" entscheiden, der das Schicksal des Landes in die Hände von Populisten und Separatisten legen wolle.

Was wird nun das Parlament entscheiden? "Wenn es sich um einen anderen Präsidenten handeln würde, dann würden wir schon seinen Nachruf schreiben. Mit Rajoy ist das nicht so", schreibt etwa der Journalist Jordi Juan der katalanischen Zeitung "La Vanguardia". Rajoy sei sicherlich der widerstandsfähigste spanische Premier, das habe er in den ergangenen Jahren gezeigt. Zuerst habe er die internen Machtkämpfe in der Partei überlebt, und schließlich hat er die vergangenen drei Parlamentswahlen erfolgreich überstanden - und das, obwohl er eine harte Sparpolitik gefahren ist.

Der linke spanische Autor Antón Losada hat die Macht Rajoys in dessen Biografie schon 2014 mit folgendem Satz auf den Punkt gebracht: "Je mehr sie versuchen, ihn zu töten, umso lebendiger wirkt der Tote."