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Haftstrafen für Helfer

Von WZ-Korrespondentin Kathrin Lauer

Politik

Ungarn debattiert über die Verschärfung des "Lex Soros": Haftstrafen für NGO-Vertreter, wenn sie Flüchtlingen helfen, inklusive.


Budapest. Trotz Warnungen der deutschen Partner aus der Europäischen Volkspartei (EVP) setzt Ungarns rechtsnationale Regierung von Viktor Orbán alle Hebel in Bewegung, um die Arbeit von Flüchtlingshelfern unmöglich zu machen - auch durch Androhung von Haftstrafen.

Dazu will Orbáns Fidesz nicht nur den als "Lex Soros" berüchtigten Entwurf verschärfen, sondern sogar die Verfassung ändern. Das gesamte Soros-Paket - das sich gegen die von der Stiftung des Philantropen George Soros finanzierten NGOs richtet - und die geplante Verfassungsnovelle wurde am Dienstag dem Parlament vorgelegt. Die Debatten sind für kommende Woche geplant. Vor der Abstimmung will Fidesz - offenbar auf Druck von Angela Merkel - ein Gutachten der Venedig-Kommission abwarten, dem beratenden Gremium des Europarats. Justizminister László Trocsány sagte am Dienstag, was den Ungarn in der demnächst geänderten Verfassung blüht: Im "Nationalen Glaubensbekenntnis", so heißt die Präambel des von Orbán 2011 geschaffenen ungarischen Grundgesetzes, soll verankert werden, dass jeder Ungar die Pflicht habe, "die verfassungsmäßige Identität" Ungarns zu schützen. Ebendort soll explizit eine "Ansiedlung fremder Völker" in Ungarn verboten werden. Zuvor hatte Orbán bereits im Staatsrundfunk eine derartige Verfassungsänderung mit der Notwendigkeit gerechtfertigt, die "Detailregelungen" im Land und "auf der internationalen Bühne" zu "verteidigen". Orbán will also eine verfassungsmäßige Legitimation schaffen für seine "Lex Soros", in dem von ihm erwarteten Konflikt mit der EU.

Ein Jahr Gefängnis

Die bedeutendste Verschärfung des "Lex Soros"-Projekts besteht darin, dass Menschen Haftstrafen drohen, wenn sie Flüchtlingen helfen. In den ersten Entwürfen war nur vorgesehen, dass Flüchtlingshelferorganisationen eine Genehmigung des Innenministeriums brauchen und hohe Abgaben an den Staat bezahlen müssen. In der neuen Variante droht jedem bis zu ein Jahr Gefängnis, der Flüchtlingen innerhalb eines acht Kilometer breiten Streifens neben der Grenze materielle Güter zukommen lässt, erläuterte Fidesz-Fraktionschef Máté Kocsis am Dienstag. 50 bis 90 Tage Haft sind vorgesehen für jene Helfer, die es Flüchtlingen, die aus sicheren Drittstaaten kommen, "ermöglichen" in Ungarn einen Asylantrag zu stellen. Das geht weit über das hinaus, was schon längst durch die Strafbarkeit der Schleppertätigkeit abgedeckt ist.

Der geplanten Neuregelung zufolge wäre es etwa illegal, wenn ein Helfer einem aus Serbien über die grüne Grenze nach Ungarn gelangten Flüchtling hilft, ein Antragsformular auszufüllen. Dasselbe Strafmaß soll für jene gelten, die "die Grenze beobachten" und darüber "Informationsmaterial herstellen und verbreiten". Etwas mehr Gegenwind als bisher bekommt Orbán seitens seiner Kollegen in der EVP. Zuletzt sagte der Ungarn-Berichterstatter der CDU im Deutschen Bundestag, Andreas Nick, Ungarn solle vor der Abstimmung über das Stopp-Soros-Paket die Meinung der Venedig-Kommission abwarten und die von Soros gegründete Universität CEU in Budapest bleiben lassen. Orbáns Regierung will die CEU vertreiben, obwohl diese bereits die von derselben Regierung gestellten strengen Bedingungen für ihren Verbleib erfüllt hat. Nick deutete an, dass Orbán bei Nichterfüllung dieser zwei Punkte "bestimmte Linien" überschreiten würde.

Weniger Versammlungsfreiheit

Laut dem Portal "Index" gedenkt Fidesz auch, die Versammlungsfreiheit einzuschränken. Und Europarecht solle nur noch angewandt werden, sofern es im Einklang mit der ungarischen Verfassung stehe.