Berlin. In Sachen gemeinsame EU-Asylpolitik rechnet die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit keiner raschen Einigung. Als 2015 eine Mehrheitsentscheidung in der EU zur Verteilung von Flüchtlingen getroffen worden sei, habe das nicht zur Befriedung beigetragen, sagte Merkel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Asyl als entscheidendes Thema für die Europäische Union

"Deshalb glaube ich, dass wir lieber ein paar Wochen länger versuchen sollten, eine gemeinsame Lösung zu finden, weil es ein so wichtiges Thema für die Europäische Union ist", so Merkel. Die Fragen der Grenzsicherung, der gemeinsamen Asylpolitik und Bekämpfung der Fluchtursachen seien "wirkliche Existenzfragen für Europa".

Im Europäischen Rat, dem neben Merkel die 27 anderen Staats- und Regierungschefs der EU angehören und der Ende Juni das nächste Mal tagt, stellt sich nach Auffassung der Kanzlerin die Frage von Mehrheitsentscheidungen zur Einführung einer Verteilungsquote für Flüchtlinge nicht. Vor allem osteuropäische Länder sperren sich gegen eine Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen. Sie hoffe, dass mit einer hohen Flexibilität die derzeitige Blockade überwunden werden könne, sagte die CDU-Chefin.

Merkel wirbt für den Umbau von Frontex zu europäischer Grenzpolizei 

Merkel warb zugleich für ein gemeinsames Asylsystem mit vergleichbaren Maßstäben und den Umbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex zu einer europäischen Grenzpolizei, die an den Außengrenzen eigenständig agieren könne. Am Ende brauche die EU eine gemeinsame Flüchtlingsbehörde, die an den Außengrenzen alle Asylverfahren erledige. Zugleich müssten legale Formen der Migration für Studium, Ausbildung und im Rahmen der Fachkräftezuwanderung gefördert werden.

Merkel geht bei Reform der Eurozone auf Macron zu

Ungeachtet der Furcht vor einem Wiederaufflammen der Euro-Schuldenkrise in Italien geht Merkel bei der Reform der Währungsunion auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu.

Im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" bekräftigte sie den Willen der deutschen Bundesregierung, einen Investivhaushalt für die Eurozone einzuführen, der die wirtschaftliche Annäherung der Mitgliedsländer fördert. Zugleich sprach sie sich für einen Umbau des Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds aus, der mit Hilfe von Kreditlinien Euro-Staaten in Not unter die Arme greifen könnte. Eine Absage erteilte Merkel Forderungen der EU-Kommission, dass Deutschland seinen Anteil am nächsten EU-Haushalt im Vergleich zur Wirtschaftsleistung erhöht. Auch Überlegungen in Italien über einen Schuldenerlass lehnte sie ab.