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Mit Osteuropa im Bunde

Von Martyna Czarnowska

Politik

Österreichs Kanzler trifft seine Amtskollegen aus den vier Visegrad-Staaten. Die Annäherung Wiens und Budapests scheint deutlicher als unter früheren Regierungen - auch beim umstrittenen Thema der Migration.


Prag/Wien/Budapest. Vor zwei Wochen in Brüssel, am heutigen Donnerstag in Budapest: Dass Regierungsmitglieder eines Landes, das den EU-Vorsitz übernimmt, eine Tour durch die europäischen Hauptstädte machen, ist nichts Ungewöhnliches. Dennoch erregt der Besuch des österreichischen Bundeskanzlers in Ungarn mehr Aufmerksamkeit als andere Treffen. Denn Sebastian Kurz kommt dort nicht nur mit Ministerpräsident Viktor Orban zusammen. Auch seine Amtskollegen aus Polen, Tschechien und der Slowakei, Mateusz Morawiecki, Andrej Babis und Peter Pellegrini, haben sich angesagt. Damit wird die Vierergruppe aus den sogenannten Visegrad-Staaten um einen Gast erweitert.

Dass sich das seit einem Vierteljahrhundert bestehende Bündnis dauerhaft vergrößert, ist allerdings nicht abzusehen. Dennoch findet eine Annäherung statt, die deutlicher scheint als unter früheren österreichischen Regierungen. In Budapest hatten die nationalkonservative Fidesz-Fraktion und Premier Orban denn auch ihre Freude über den Wahlsieg der Schwesternpartei ÖVP und den Aufstieg deren Vorsitzenden zum Bundeskanzler klar zum Ausdruck gebracht. Sie hoffen auf einen Verbündeten bei etlichen Anliegen. Tatsächlich haben sich die Positionen ausgerechnet beim Thema Migration, das die EU-Mitglieder ansonsten äußerst spaltet, angeglichen. Wie zuerst Ungarn, später dann weitere osteuropäische Staaten, setzt auch Österreich mittlerweile auf den Schutz der EU-Außengrenzen.

Doch mögen sich die Länder auch einig sein, dass dies Priorität haben soll, gibt es in der Diskussion um die Verteilung von Flüchtlingen trotzdem Abstufungen. Zwar beteiligt sich Österreich ebenso zögerlich wie Tschechien oder die Slowakei an einem Umsiedlungsprogramm für Asylwerber von Griechenland und Italien aus, allerdings hat es schon in den Jahren zuvor zehntausende Menschen aufgenommen.

Zwist um Flüchtlinge und Geld

Wie scharf hingegen die Schnitte in der Migrationsdebatte zwischen den EU-Staaten sind, verdeutlicht ein Auftritt des tschechischen Premiers Babis beim Prager Europa-Gipfel. "Die EU kann sich nicht entscheiden, ob sie illegale Migration verhindern oder jedem zu kommen erlauben will, der vor der Küste Afrikas auf ein Boot springt", erklärte der Politiker und Unternehmer bei der Konferenz, die von der Denkfabrik Europeum und dem Prager Institut für Internationale Beziehungen (IIR) initiiert wurde. Für Babis wäre die Entscheidung klar: Die Länder am Rand Europas wären für die Sicherung der Außengrenzen zuständig, und die anderen Mitgliedstaaten müssten sie dabei unterstützen. "Wir wollen unseren logistischen und finanziellen Beitrag leisten", führte der Regierungschef aus. Gemeint ist damit sowohl Hilfe mit Personal und Geld beim Grenzschutz - als auch bei der Errichtung von Asylzentren außerhalb der EU. Dies ist eine Idee, mit der sich zwar viele Mitgliedsländer anfreunden können, die aber - nicht zuletzt aus rechtlichen Gründen - sehr umstritten ist.

Das Thema ist jedoch bei weitem nicht das einzige, das für Zwistigkeiten sorgt. Das nun beginnende Tauziehen um den nächsten langjährigen Finanzplan für die Europäische Union hat ebenso Konfliktpotenzial. Immerhin geht es um mehr als eine Billion Euro, die für den Zeitraum 2021 bis 2027 zugewiesen wird. Das würde auch eine Erhöhung der Mittel für das gemeinsame Budget bedeuten.

Dieser Vorschlag der EU-Kommission gefällt Österreich etwa nicht unbedingt. Das Land gehört zu den Nettozahlern, die mehr zum EU-Haushalt beisteuern als sie daraus erhalten. Höhere Beiträge aus Wien kommen daher nicht in Frage, lautet die Ausgangsposition bei den Verhandlungen.

Zu den größten Profiteuren bei der Verteilung der Infrastruktur-Förderungen gehören hingegen die osteuropäischen Mitglieder, allen voran Polen. Doch selbst innerhalb der Visegrad-Gruppe gibt es unterschiedliche Ansichten zur Gestaltung des künftigen Finanzplans. Während etwa Polen und Ungarn eine Ausweitung des EU-Budgets begrüßen würden, könnte Tschechien sich damit zufrieden geben, dass der Haushalt auf dem gleichen Niveau wie bisher bleibt. Unverändert sollte aber ebenso die Verteilungsstruktur sein. Geht es nach Prag, sollte einer der größten Posten weiterhin die Infrastruktur bedienen.