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Zwischenruf aus dem Exil

Von Konstanze Walther

Politik

Die konservativen Separatisten Kataloniens stehen vor der Umbenennung: Carles Puigdemont gründet den "Ruf nach einer Republik" als angeblich parteiübergreifende Bewegung für die Unabhängigkeit. Die Anderen winken wieder dankend ab.


Barcelona/Berlin. Diesmal also als "Schrei nach der Republik".

Carles Puigdemont hat seine Lebensaufgabe ausgemacht. Es ist das Erlangen der Unabhängigkeit Kataloniens von Madrid. An dieser Aufgabe hält er fest, seit sich ein Referendum im Oktober 2017 für eine Sezession von Spanien ausgesprochen hat - mit über 90 Prozent, die für ein "Ja" zur Loslösung gestimmt haben. Die Sache hatte allerdings zwei Haken: Erstens war diese Volksbefragung von dem Verfassungsgericht in Madrid als illegal eingestuft worden. Und zweitens haben nur 43 Prozent der stimmberechtigten Katalanen bei dieser Volksabstimmung gewählt. Doch Puigdemont sieht darin den Auftrag, die Region in die Unabhängigkeit zu führen. Wasser auf seine Mühlen war die Tatsache, dass sich der spanische Staat äußerst brutal am Tag des Referendums verhalten hat, und die Katalanen mit Gewalt von der Stimmabgabe abhalten wollte.

Bekanntlich wurde die Regierung Puigdemonts abgesetzt, Puigdemont floh mit einer Handvoll seiner Gefährten ins europäische Ausland - andere zurückgebliebene Mitstreiter kamen in spanische U-Haft.

Als Madrid im Dezember 2017 in Katalonien Neuwahlen abhalten ließ, um die Periode der Zwangsverwaltung elegant zu Ende zu bringen, gründete Puigdemont gleich einmal eine neue Bewegung. "Junts per Catalunya" (JxCat, "Gemeinsam für Katalonien") sollte einerseits eine Art Nachfolger von Puigdemonts Partei PDeCAT ("Demokratische Partei Kataloniens") sein. Andererseits sollte das Wort "Junts"/"Gemeinsam" im Titel die Tatsache übertünchen, dass Puigdemont ohne die gedachte Mehrheit dagestanden war. Denn ursprünglich wollte Puigdemont im Dezember mit einer Einheitsliste für die Unabhängigkeit antreten - ähnlich wie das die katalanische Regierungskoalition zuvor gemacht hatte, die sich unter dem Dachmantel "Junts pel Si" ("Gemeinsam für das Ja") zusammengefunden hatte. Wir sind weiter gemeinsam für ein Ja, signalisierte Puigdemont im Dezember. Alle Unabhängigkeitsbefürworter haben bei dieser neuen Bewegung Platz. Egal ob links oder rechts. Freilich unter seiner Führung.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Doch da winkten die anderen separatistischen Parteien ab. Die große nationalistische Linkspartei ERC (Esquerra Republicana) mahlte sich ohnedies den Wahlsieg aus (der allerdings nicht passiert ist) und die linksradikale CUP fühlt sich schon immer unwohl dabei, mit dem konservativen Puigdemont/PDeCAT gemeinsame Sache zu machen. Der Name PDeCAT war übrigens auch erst 2016 geboren worden. Die Partei hieß ursprünglich Demokratische Konvergenz (CDC) und war schließlich in einen so großen Korruptionsskandal verwickelt, dass die Neugründung der Sache dienlich schien. Also wurde aus der CDC 2016 der PDeCAT, und aus dem PDeCAT ging die JxCAT hervor. Und daraus wird jetzt wieder eine neue Partei, beziehungsweise Bewegung. So will es zumindest Puigdemont - sowie sein noch immer inhaftierter Weggefährte Jordi Sànchez und Puigdemonts Nachfolger als Regierungspräsident, Quim Torra.

Offiziell wurde die neue Bewegung Montagabend aus der Taufe gehoben. Bei der Namensgebung gibt es für Puigdemont immer weniger Raum für Subtilität. So heißt die Bewegung unmissverständlich: "Crida Nacional per la Republica" - "Der nationale Schrei (oder Ruf) nach einer Republik". Die Bewegung solle einmal mehr Platz für alle Unabhängigkeitsbefürworter bieten - egal, ob deren politisches Zuhause rechts (wie Pugidemonts Heimatpartei) oder links (wie alle anderen separatistischen Parteien, die es auf eine gewisse Größe bringen) ist. Die neue Bewegung "Crida" frohlockte, man erfreue sich großen Zuspruchs. Bereits in den ersten beiden Stunden nach der Verlesung eines Manifests bei einem Festakt in Barcelona am Montagabend hätten rund 3500 Interessenten um Mitgliedschaft angesucht. Bis zum Dienstag am Vormittag seien es schon 13.000 gewesen, berichteten Politiker der Crida. Es waren aber keine spontanen Sympathiebezeugungen. Denn schon am Samstag davor ließ man vor der Mehrheit der Parteimitglieder die Katze aus dem Sack. Puigdemont mittels Videokonferenzschaltung. Sànchez mittels Brief aus dem Gefängnis, und in persona Regionalpräsident Quim Torra.

Man wolle mit dem "Schrei nach einer Republik" alle Unabhängigkeitsbefürworter unter einem Dach vereinen, heißt es seitens der Crida. "Wir sind stärker, wenn wir übergreifend und vereint handeln können", so Puigdemont. Die anderen separatistischen Parteien Kataloniens winkten angesichts der augenfälligen Vereinnahmung wieder einmal dankend ab.

"Man sei stärker, wenn man das gesamte politische Spektrum abbilde", richtete etwa Parlamentspräsident Roger Torrent von der ERC aus.