Wien/Brüssel/Belgrad. Zum Auftakt gab es eine Führung durch das Heeresgeschichtliche Museum. Als die Verteidigungsminister der EU gestern, Mittwoch, zu ihrem Treffen in Wien zusammenkamen, stand als Erstes ein Besuch im Arsenal auf dem Programm. Doch schon am heutigen Donnerstag sollte es bereits wieder um die Frage nach der künftigen Verteidigungspolitik der Gemeinschaft gehen. Effizienter und flexibler soll die militärische Kooperation der Mitgliedstaaten werden, und auch die Zusammenarbeit mit Partnerländern in Südosteuropa soll gestärkt werden. Die Finanzierung dessen müsste freilich noch fixiert werden.
Österreich, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, möchte außerdem darüber sprechen, Soldaten zum Schutz der EU-Außengrenzen abzustellen. So will Verteidigungsminister Mario Kunasek seinen Amtskollegen das "bewährte österreichische Modell des Assistenzeinsatzes" als Vorbild für die EU präsentieren. Demnach sollen, wie in Österreich seit Jahrzehnten praktiziert, Soldaten die Polizei unterstützen. Im Bedarfsfall könnten dann entweder ein betroffenes Land oder die EU-Grenzschutzagentur Frontex einen Antrag darauf stellen.
Rom wiederum hat sich ein anderes Ziel gesetzt. Es drängt auf eine Änderung der Regeln für die EU-Mission Sophia. Aufgabe der Operation im Mittelmeer ist in erster Linie der Kampf gegen Schlepper. Die Schiffe sind aber nach internationalem Recht auch zur Rettung von Menschen aus Seenot verpflichtet. Dass die Flüchtlinge dann nach Italien gelangen, stört die Regierung. Das Land dürfe nicht mehr als exklusiver Landungsort für gerettete Migranten betrachtet werden, hieß es daher aus dem Verteidigungsministerium in Rom.
Das Kabinett aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega hatte Rettungsschiffen von Hilfsorganisationen im Juni die Einfahrt in Italiens Häfen untersagt. Dieses Verbot will Innenminister Matteo Salvini nun auch auf die Schiffe offizieller internationaler Missionen im Mittelmeer ausweiten, um den Druck auf die anderen EU-Staaten zu erhöhen, Asylwerber zu übernehmen.
Gefährliche Grenzkorrekturen
Nach diesen Beratungen kann EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gleich weitere aufnehmen. Denn sie leitet ebenfalls das Treffen der Außenminister der Union in der Wiener Hofburg, das am Donnerstagnachmittag beginnt. Hauptthemen sind dabei die Krisen im Nahen und Mittleren Osten, in der Ukraine sowie transatlantische Beziehungen. Bei dem Punkt soll es unter anderem um die Kooperationsmöglichkeiten bei der Denuklearisierung Nordkoreas gehen sowie um die Aufrechterhaltung des Atomabkommens mit dem Iran, das US-Präsident Donald Trump einseitig aufgekündigt hatte.
Auch mit ihren Amtskollegen aus den EU-Beitrittsstaaten werden die Minister zusammenkommen. Diskussionen mit Vertretern der Westbalkan-Länder stehen dann am Freitag auf der Agenda.
Dabei könnte eine Debatte aufbrechen, die seit Tagen schwelt: jene um neue Grenzen zwischen Serbien und dessen ehemaliger Provinz Kosovo. Zuletzt hatten Aussagen des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und seines kosovarischen Amtskollegen Hashim Thaci international für Aufregung gesorgt. Beide hatten sich für eine neue Grenzziehung zwischen beiden Staaten ausgesprochen. Die Standpunkte der Politiker liegen allerdings weit auseinander. Einig waren sich Vucic und Thaci zumindest darin, dass sie eine bilaterale Lösung der Streitigkeiten anstreben - ohne Einmischung von außen.
Während EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn die Idee mittlerweile nicht mehr offen ablehnt, warnten drei frühere internationale Bosnien-Beauftragte in einem offenen Brief an die EU gegen vor Änderungen. "Grenzkorrekturen" würden Probleme nicht lösen, sondern sie viel mehr "vertiefen" heißt es in dem Schreiben von Carl Bildt, Paddy Ashdown und Christian Schwarz-Schilling an Mogherini und die EU-Außenminister. Es könnte separatistischen Tendenzen in der Region - wie eben in Bosnien-Herzegowina - Auftrieb geben.