Wien/Brüssel. Neue Grenzziehungen auf dem Balkan - es ist ein Szenario, das viele Jahre lang nur Unbehagen und Befürchtungen ausgelöst hat. Denn als Jugoslawien zerfiel und neue Staaten sich voneinander abgrenzten, ging das mit Kriegen und Konflikten einher. Doch nun steht die Idee eines Gebietsaustausches erneut im Raum, und das soll ausgerechnet eines der größten Spannungsfelder in Südosteuropa entschärfen: das fragile Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo, dessen Unabhängigkeit Belgrad nicht anerkennt.

Der Norden des kleinen Landes ist mehrheitlich von Serben bewohnt, während es in Südserbien ein paar Gemeinden mit albanischer Bevölkerung gibt. Ein Gebietstausch wäre dort möglich, eine "Grenzkorrektur", wie es andere nennen. Der serbische Außenminister Ivica Dacic, der früher auch schon den Posten des Premiers innehatte, fordert seit Jahren territoriale Änderungen. Vor kurzem haben Staatspräsident Aleksandar Vucic und sein kosovarischer Amtskollege Hashim Thaci eine solche Vereinbarung nicht ausgeschlossen.

Wie diese genau aussehen könnte, ist freilich noch völlig offen. Doch schon die Möglichkeit davon löst in der Region Unruhe aus. Die EU, der die Länder Südosteuropas beitreten möchten, kann davon nicht unberührt bleiben. Das führte denn auch zu Debatten beim Treffen der EU-Außenminister in Wien, zu dem am Freitag Vertreter der Westbalkan-Staaten ebenfalls geladen waren.

Warnungen aus Berlin

Auf den Inhalt wollte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nach der Sitzung jedoch nicht eingehen. Es sei eine Diskussion hinter verschlossenen Türen gewesen, und das sei zu respektieren. Der Dialog zwischen Belgrad und Pristina, der seit Jahren unter EU-Vermittlung geführt wird, werde jedenfalls von allen Seiten unterstützt. An seinem Ende soll ein rechtlich bindendes Abkommen zwischen den Nachbarn stehen. Und die EU werde sich keiner Vereinbarung versperren, die mit internationalem und EU-Recht im Einklang stehe, sagte Mogherini. Eine mögliche neue Grenzziehung schloss sie damit nicht aus.

Ebenso wenig tat dies EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn, der lediglich vom "übergeordneten Interesse" sprach, Stabilität in der Region zu fördern. Strikte Ablehnung signalisierte auch die österreichische Außenministerin Karin Kneissl nicht, obwohl sie gleichzeitig "große Skepsis" gegenüber Grenzänderungen äußerte.

Deutliche Warnungen kommen hingegen aus Berlin. Deutschland lehnt, ähnlich wie Großbritannien und Luxemburg, territoriale Änderungen klar ab. Diese wären "nicht zielführend" und könnten "zu viele alte Wunden wieder aufreißen", erklärte Außenminister Heiko Maas.