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Im Schneckentempo zu Ergebnissen

Von Martyna Czarnowska aus Salzburg

Politik
Geredet wurde viel miteinander, doch das Ergebnis des informellen Salzburg-Gipfels ist eher dürftig ausgefallen. Im Bild (v. l. n. r.): die Regierungschefs Luxemburgs, Großbritanniens, Österreichs und der Slowakei, Xavier Bettel, Theresa May, Sebastian Kurz und Peter Pellegrini.
© reu

Auf der Suche nach Kompromissen in der Migrationspolitik setzt die EU auf Kooperation mit afrikanischen Staaten.


Salzburg. Mit einer Liebeserklärung ging es zu Ende. Nachdem das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Salzburg abgeschlossen war, schwärmte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der Landeshauptstadt als einer "Garantie für Gipfelerfolge". Weil es so viele andere Gipfel dort gebe, "einer schöner als der andere".

Es ist offen, ob dies dazu beigetragen hat, dass die Debatte bei der Zusammenkunft, die immerhin kontroversen Themen wie Migration und Brexit gewidmet war, weniger angespannt war als bei so mancher Sitzung davor. Vielleicht ist aber auch etlichen EU-Politikern bewusst, dass es für Lösungen höchste Zeit wäre. Denn im kommenden Mai stehen Wahlen zum EU-Parlament an. Zwar wecken diese Interesse bei nicht einmal der Hälfte der Bevölkerung, wie die Wahlbeteiligung beim letzten Votum 2014 zeigte. Doch bestimmen jene, die es zu den Urnen schaffen, die künftige Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses. Dass viele Menschen dabei ihren Frust über die bisherigen Streitigkeiten zum Ausdruck bringen und populistischen Parteien, die einfache Botschaften vermitteln, ihre Stimme geben, ist keineswegs ausgeschlossen.

Daher drängen einige Politiker darauf, das Tempo bei der Kompromisssuche zu erhöhen. So ermunterte der französische Präsident Emmanuel Macron schon seine Amtskollegen, bis zur EU-Wahl ein Migrationspaket zu beschließen. Und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz wünscht sich eine Einigung auf einen verstärkten Schutz der EU-Außengrenzen bis Dezember.

"Menschen, keine Waren"

Das birgt andererseits aber auch die Gefahr, dass Flüchtlinge als zentrales Motiv in Kampagnen instrumentalisiert werden. Luxemburgs Premier Xavier Bettel betonte daher: "Wir sind nicht auf dem Markt. Wir sprechen über Menschen, nicht Waren oder Teppiche." Er wolle jedenfalls keine Diskussion darüber beginnen, "wie viel ein Migrant kostet".

Doch die Verknüpfung von Geld und Flüchtlingsverteilung wäre nichts Neues. Im Juli beispielsweise hat die EU-Kommission finanzielle Unterstützung für jene EU-Staaten angeboten, die Auffangzentren für Asylwerber auf ihrem Territorium einrichten. Unter anderem sollte es für die freiwillige Aufnahme von Menschen 6000 Euro pro Flüchtling geben. Freiwillige haben sich jedoch bisher keine gefunden.

Ebenso wenig hat ein Land außerhalb der EU seine Bereitschaft bekundet, Flüchtlingslager zu schaffen. Auch diese waren eine Idee zur Unterbringung von Migranten. Auch dafür gäbe es finanzielle Anreize.

Das Konzept der "flexiblen Solidarität" gibt es ebenfalls schon seit einiger Zeit. Forciert wird es unter anderem von einigen ost- und mitteleuropäischen Mitgliedstaaten. Diese wollen zwar keine Asylwerber aufnehmen, deklarieren aber, auf andere Weise zur Migrationspolitik beitragen zu können - etwa durch die Entsendung von Grenzschützern. Andere EU-Staaten wiederum fordern finanzielle Sanktionen für Regierungen, die sich weigern, sich an der Flüchtlingsverteilung innerhalb der Union zu beteiligen.

Kanzler Kurz aber meint schon seit einiger Zeit: "Mit der Verteilungsdebatte werden wir die Migrationskrise nicht lösen." Das sich dies bald ändern könnte, glaubt er nicht: "Die Zugänge waren und sind unterschiedlich - und werden unterschiedlich bleiben."

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Nicht fixiert ist auch die - erwünschte - Kooperation mit afrikanischen Staaten. Dennoch ruhen die Hoffnungen derzeit auf Ägypten, wohin Kurz und EU-Ratspräsident Donald Tusk erst vor wenigen Tagen gereist waren. Die Überlegung ist, mit Kairo ein ähnliches Abkommen zu schließen wie mit der Türkei, die der EU bei der Sicherung der Grenzen helfen und bestimmte Asylwerber wieder zurücknehmen soll. Die Rede ist jedenfalls von einer "vertieften Zusammenarbeit" bei Wirtschaft und Migration. Nach EU-Angaben lässt Ägypten schon jetzt keine Flüchtlingsboote mehr von seinen Stränden ablegen.

Den Vorschlag, "mit Ägypten und anderen" in Gespräche zu treten, hätten alle Staats- und Regierungschefs unterstützt, berichtete Kurz. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete das Verhältnis zu Afrika gar als "Schlüsselbeziehungen" für die Europäer. Im Dezember ist ein Spitzentreffen mit afrikanischen Staaten in Wien geplant.

Brexit-Gespräche stocken

Im November könnten sich die EU-Politiker zu einer Sondersitzung zu einem anderen Thema versammeln. Denn der EU-Austritt Großbritanniens rückt näher, und die Brexit-Gespräche stocken. Sollten bis zum Gipfel Mitte Oktober keine Fortschritte erreicht werden, könnte eine Zusammenkunft am 17. und 18. November folgen. Erneut betonte Tusk, dass es ohne eine Lösung für die Grenze zwischen Irland und Nordirland kein Austrittsabkommen geben könne. Die britische Premierministerin Theresa May kündigte dazu neue Vorschläge an.